Konkurrenz zur Bourbon-Vanille
Ein Bündner Jungunternehmer verfolgt nun einen anderen Ansatz. Auf der Suche nach einer Idee für sein Start-up stiess Fabio Cappellin auf die Vanille-Problematik. «Ich habe selbst einen süssen Zahn und wurde sofort hellhörig», erzählt er. Der ehemalige Unternehmens- und Strategieberater recherchierte und googelte sich während der Covid-19-Pandemie durch die Welt der Vanille – und fand schliesslich seine heutige Geschäftsidee: nachhaltig produzierte und hochwertige Vanille ohne Zwischenhändler aus Uganda. «Sein Klima macht Uganda zur perfekten Vanilleanbau-Region. Dank der guten Bedingungen kann hier gleich zweimal pro Jahr geerntet werden. Auch die Sustainable Vanilla Initiative, ein Verband, der sich für eine nachhaltige Vanille-Industrie starkmacht, setzt vermehrt auf Uganda», erklärt der Start-up-Gründer. «Obwohl in Uganda bereits seit Jahrzehnten Vanille angebaut wird, ist diese bei uns kaum bekannt oder verbreitet. Die Bourbon-Vanille aus Madagaskar ist einfach zu stark.» Dabei muss sich die Uganda-Vanille, die er seit einem knappen Jahr importiert, laut eigenen Aussagen nicht verstecken. Im Gegensatz zu Sorten aus Tahiti oder Indonesien, die auf dem Weltmarkt als weniger aromatisch gelten, sei seine Vanille so komplex wie die Variante aus Madagaskar. «Ich habe Dutzende Vanille-Schoten aus Uganda im Labor testen lassen und schliesslich die Sorte gefunden, die mich komplett überzeugte.» Deren Aroma bezeichnet er als warm, ausgeprägt cremig, mit ledrigen, harzigen und nussigen Noten sowie der typischen Vanille-Süsse.
Fairtrade-Gedanken weiterspinnen
Dank seines zielgerichteten Ansatzes – dazu gehört, dass Cappellin potenzielle Kunden und Kundinnen gleich selbst kontaktiert – darf er bereits erste Lorbeeren ernten. Nicht nur die Bündner Delikatessenhändlerin Rageth Comestibles hat die ugandische Vanille im Angebot, sondern auch der Kolonialwarenladen Schwarzenbach in Zürich. Und bei Lola's Kitchen in Zürich bäckt man mit den Vanilla-Dream-Produkten ebenso wie seit kurzem in der Patisserie von Tanja Grandits' Sterne-Restaurant Stucki in Basel.
Da die Idee und Gründung seines Start-ups mit der Covid-Pandemie zusammenfiel, ist Cappellins Unternehmen zu einem grossen Teil remote entstanden. «Ich startete etliche Versuche von meinem Schreibtisch aus, um einen passenden Produzenten in Uganda zu finden.» Neben der Vanillequalität ist dem Unternehmer auch wichtig, dass die Lieferanten, die die Vanille in der Regel veredeln, die Bäuerinnen und Bauern fair bezahlen und ihnen Perspektiven bieten. «Neben einem angemessenem Preis bedeutet das in einem Land wie Uganda auch, dass sie beispielsweise in die Weiterbildung der Landwirte und Landwirtinnen investieren, sodass diese ihre Plantage weiterentwickeln können. Da Vanille als Orchideenpflanze Bäume hochklettert, kann man den Anbau etwa mit Kakao- oder Bananenplantagen kombinieren. Damit steigen die Ertragsmöglichkeiten für die Bauern.» Ein Teil der Einnahmen geht zudem an ein regionales Schutzprojekt zu Gunsten des Berggorillas, von dem es weltweit nur noch rund Tausend freilebende Exemplare gibt. Neben konventionell angebauter Vanille bietet Cappellin zudem auch solche in Bioqualität an. Und auch wenn sein Unternehmen bislang noch nicht Fairtrade-zertifiziert ist, sagt Cappellin, seien seine Lieferantinnen – zwei Schwestern – in der Region für ihr Engagement bekannt. «Sobald die Covid-Restriktionen gelockert sind, werde ich meine Geschäftspartnerinnen in Uganda besuchen.» Der schnelle Erfolg seiner Vanille kommt für den Bündner indes nicht unbedingt überraschend: «Fair gehandelter Bio-Kakao von Kleinbauern ist auch in der Schweiz bereits weit verbreitet, gleiches gilt für Kaffeebohnen. Dass wir das Rad weiterdrehen, ergibt für mich Sinn.»