An die Stelle von manchem Schweizer Grundnahrungsmittel könnte bis 2050 ein neues rücken. «Kartoffeln zum Beispiel», sagt Experte Müller, «erfordern eine intensive Bodenbearbeitung, etwa durch Pflügen. Bei konstant erhöhten Temperaturen führte das schon bei der Aussaat zu ausgetrockneten Böden, ausserdem ist damit zu rechnen, dass sich im veränderten Klima Schädlinge wie Kartoffelkäfer vermehren.» So könnte bis 2050 die Süsskartoffel zur favorisierten Knolle avancieren, denn sie bevorzugt höhere Temperaturen als das heimische Pendant. Erste Schweizer Bauern treiben ihren Anbau bereits voran. Müssen wir also, wie Küchenchef Burkhard es in seinem Zukunftsexperiment tut, Rösti im Jahr 2050 mit Süsskartoffeln zubereiten? «Das wissen wir heute noch nicht», sagt Müller. «Wir können keine präzisen Voraussagen dazu machen, wie wir uns bei ungebremstem Klimawandel künftig ernähren werden – oder müssen. Die neu interpretierten Gerichte sind keine wissenschaftliche Beweisführung, sondern ein Versuch, der Dringlichkeit des Klimaproblems Nachdruck zu verleihen und aufzuzeigen, dass grosse Veränderungen auf uns zukommen werden. Dabei stützen wir uns auf allgemein akzeptierte wissenschaftliche Erkenntnisse.»
Kakao, die Hauptzutat unserer heissgeliebten Schokoladenmousse, ist bereits heute gefährdet. Trockenheit und Insektenbefall setzen dem Gewächs zu. Laut der Studie «Vulnerability to climate change of cocoa in West Africa» könnten bis im Jahr 2050 über die Hälfte der Anbauflächen im westafrikanischen Kakaogürtel ausfallen – und Westafrika kommt für 60 Prozent der weltweiten Kakaoernte auf. «Kakao wird es in einer klimaveränderten Zukunft schwer haben und sehr teuer werden», sagt Küchenchef Burkhard. «In meinem All-you-can’t-eat-Menü habe ich die Schokoladenmousse also durch einen Erdmandel-Espuma ersetzt – mit ein paar wenigen Schoko-Raspeln drauf. Sie sollen den Mangel an Schokolade versinnbildlichen.»
Sind wir überhaupt noch in der Lage, das Rad herumzureissen? «Wir können auf jeden Fall Einfluss nehmen und sollten es dringend tun», sagt Müller. «Ob der globale Temperaturanstieg nun vier oder ein Grad beträgt, fällt extrem ins Gewicht.» Dass unser Essverhalten das Klima in wesentlichem Mass beeinflusst, gilt als unumstritten. «Den wirksamen Beitrag leistet an dieser Stelle, wer wenig tierische Produkte konsumiert, die von allen Lebensmitteln am meisten Ressourcen verschlingen», sagt Müller. «Und wir sollten Abfälle vermeiden – bekanntlich landet rund ein Drittel von unseren Lebensmitteln im Müll. Wenn man die gar nicht erst produzieren müsste, wäre der Umwelt sehr gedient.»