Klassik in Perfektion

18 Punkte, zwei Sterne und jede Menge Selbstvertrauen. Christian Kuchler ist auf dem Weg nach ganz oben – bestimmt.
Text: Tobias Hüberli – Fotos: Jürg Waldmeier
Veröffentlicht: 25.09.2018 | Aus: Salz & Pfeffer 6/2018
Kaisergranat

«Arbeiten und nochmals arbeiten, nie aufhören, nie ausruhen.»
Christian Kuchler lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Auch dann nicht, wenn der Journalist am Morgen vier Stunden früher auftaucht als abgemacht und am Vorabend ein gewisser Rolf Fliegauf samt Brigade vier Stunden zu spät aus der Taverne zum Schäfli getorkelt ist. «Dann können wir ja loslegen», sagt er trocken, holt eine Taube raus, blanchiert tournierte (!) Pilze und schiebt den in Fischfarce und Zucchetti-Mantel gehüllten Kaisergranat in den Steamer.

«Ich mag Perfektion auf dem Teller, wenn man erkennt, dass sich jemand einen Haufen Arbeit gemacht hat», erklärt Kuchler. So wie im Pariser Restaurant Plaza Athénée des Drei-Sterne-Kochs Alain Ducasse, bei dem er zwei Jahre lang am Herd stand. Es folgten Stationen im Gasthaus Schupfen in Diessenhofen (Gault-Millau-Entdeckung des Jahres 2010) sowie im Hirschen Eglisau (Aufsteiger des Jahres 2014). Vor drei Jahren übernahm er das berühmte Restaurant seiner Eltern in Wigoltingen. Kuchlers Kochstil treibt nicht nur Puristen die Tränen in die Augen und ist den Testern zurzeit 18 Gault-Millau-Punkte und zwei Michelin-Sterne wert. «Viele sagen ja, sie würden klassisch kochen, bei mir ist das tatsächlich so.»

Für den Hauptgang bettet Kuchler geschmorten Chicorée unter die Taube, dazu gibts etwas vom Boskop-Apfel, Taubenessenz, Pilze und Selleriepüree. Der Gang gleicht einem Gemälde, wobei die Sauce nicht nur optisch das verbindende Element darstellt. Dass ihm auch auf höchstem kulinarischen Niveau der Humor nicht abhanden gekommen ist, beweist das Dessert: ein Eis am Stiel aus Sauerrahm und Himbeeren.

«Arbeiten und nochmals arbeiten, nie aufhören, nie ausruhen», so beschreibt der 33-Jährige seinen Alltag. Das gehe nur, wenn man Spass habe an der Gastronomie und am Kochhandwerk. Doch wie viel davon ist ihm eigentlich in die Wiege gelegt worden? Kochtechnisch habe er von seinem Vater Wolfgang, dessen Küche während vieler Jahre mit 18 Punkten bewertet war, bis zu seiner Ankunft im Schäfli nichts gelernt, sagt Kuchler. «Dafür lerne ich seither jeden Tag von ihm.» Vor allem was das Führen eines Restaurants anbelangt. «Es ist wichtig, dass man als Gastgeber ein lustiger Kerl ist, aber das allein reicht bei weitem nicht.»

Taube
Eis am Stiel

Taverne zum Schäfli
Oberdorfstrasse 8
8556 Wigoltingen
052 763 11 72
www.schaefli-wigoltingen.ch

Kaisergranat

Fischfarce
150 g Abschnitte vom Zander und Steinbutt | 200 g Appenzeller Vollrahm | Salz | Pfeffer | Koriander | Dill

Im Pacojet einfrieren, vier Mal durchlassen und durch ein Sieb streichen

Zucchetti-Mantel
1 Zucchetti

Dünn aufschneiden, kurz in gesalzenem Wasser blanchieren und abschrecken.

Kaisergranat
2 St. Kaisergranat 9 / 12 (ohne Kopf)

Ausbrechen und mit Salz, Pfeffer, Limettenabrieb sowie Piment d'Espelette würzen.

Montage

Zucchetti überlappend auslegen, mit reichlich Farce bestreichen. Kaisergranat auf die Farce legen und einrollen. Sehr satt in Klarsichtfolie einrollen. Zirka 15 Minuten bei 64 °C im Dampf garen (funktioniert auch im Holdomat, braucht aber 30 Minuten).

Sauce
2 Hummer | 1 Ingwer | 2 St. Zitronengras | 10 Kaffirlimettenblätter | 6 weisse Champignons | 6 Schalotten | 2 Zwiebeln | ½ Stangensellerie | ½ Knollensellerie | 1 Pfälzer Karotte | 1 Chili | 1 Vanilleschote | 2 Sternanis | 1 EL Koriandersamen | 2 EL Curry-Paste | Kokosnussmilch

Hummer ausbrechen und die Karkassen im Sesamöl anbraten. Gemüse zu einer Matignon schneiden, Ingwer und Zitronengras beigeben, leicht anziehen. Curry-Paste beifügen, mit Kokosmilch ablöschen. 20 Minuten kochen lassen, mit Haarsieb abpassieren. Je nach Belieben mit Yuzu-, Kalamansi- oder Limettensaft abschmecken.

Salatbett

Kaviar

Chip

Taube

Taube
1 Taube Royal von Alfred von Escher

Taube auslösen, die Karkasse von Schenkel und Brust separat aufbewahren, die Brust in Fleur de Sel, Pfeffer, Rosmarin und Thymian (beide Kräuter gehackt) wenden und auf der Hautseite scharf in Jus-Butter (siehe Sauce Rouennaise) anbraten. Wenden – frische Butter und einen zerdrückten Knoblauch dazugeben, arrosieren. 10 Minuten abstehen lassen. Der Länge nach halbieren, etwas Fleur de Sel auf die Haut geben.

Sauce Rouennaise
2 Tauben | 1 Perlhuhn | 10 Flaschen Rotwein | 1 Flasche Madeira | 1 Flasche Portwein | 25 Schalotten | 5 Zwiebeln | 2 rote Paprika | 3 Bd. Rosmarin | 2 Bd. Thymian | 20 Körner Anis | 20 weisse Pfefferkörner | 2 kg Butter | 2 getrockneter Fenchel

Tauben-Karkassen mit Perlhuhn-Karkassen ergänzen. Langsam in einem grossen Topf anrösten. Wenn alles eine schöne Farbe hat, viel Butter dazu geben und richtig schäumen lassen. Zwiebeln, Knoblauch, Rosmarin und Schalotten beifügen und mitschäumen lassen. Die Butter abschütten. Diese Jus-Butter braucht man zum Braten der Brust. Rote Paprika dazugeben und leicht tomatieren. Thymian, Pfefferkörner, getrockneter Fenchel und Anis beigeben. Ablöschen mit Portwein, Madeira und Rotwein. Deckel auf den Topf und zirka vier Stunden simmern lassen. Passieren und reduzieren.

Zweiter Ansatz

Schenkel, Hals und Innereien in einem Rondeau anziehen. Schalotten, Rosmarin und Thymian beigeben. Mit Rotwein ablöschen und mit dem reduzierten Fond auffüllen. Zwei Stunden simmern lassen, danach abpassieren und reduzieren. (Wichtig: Es kommt bei beiden Ansätzen kein Wasser dazu.) Frische Entenleber sowie Terrine untermixen und servieren.

Chicorée
1 Chicorée

Halbieren und in Milch über Nacht einlegen. In einem Rondo einen Karamell kochen und den Chicorée mit der Schnittfläche nach unten leicht anbraten. Darf ruhig etwas Farbe haben. Mit einem Schuss Orangensaft und einem schönen Riesling ablöschen. Mit Salz und Pfeffer würzen, zudecken und weich- schmoren. Deckel wegnehmen und Saft komplett wegreduzieren, bis der Chicorée wieder karamellisiert. Auf einem Blech während vier Stunden im Kühler pressen. Wenn er abgekühlt ist, rausnehmen, vom Strunk trennen und mit Mehl bestäuben. In Teflonpfanne mit geklärter Rosmarinbutter ausbraten.

Champignons
5 weisse Perl-Champignons (frische Qualität, extrem fest)

Mit einem kleinen Messer tournieren. Kurz in einem Weisswein-Limetten-Wasser blanchieren. Direkt aus dem Wasser mit Butter glasieren.

Apfelkompott
5 Boskop-Äpfel | 2 Vanilleschoten | 2 dl Möhlsaft (klar) | 2 dl weisser Portwein | 2 dl Calvados | 60 g Zucker | 2 g Pektin

Karamell nicht zu dunkel kochen, die geschälten Äpfel beifügen und anziehen. Mit den Flüssigkeiten ablöschen, Gewürze dazu und weichkochen, ohne Deckel. Anschliessend Pektin beigeben und im Termomix einmal kurz durchmixen. Es darf ruhig noch etwas Struktur haben.

Selleriepüree
4 Sellerie | 2 Zwiebeln | 1 Liter Rahm | ½ dl Zitronensaft | Salz | Pfeffer

Sellerie in Würfel schneiden und mit emincierten Zwiebeln hell andünsten. Rahm dazugeben und bedeckt weichdünsten. Saft abgiessen, reduzieren, danach wieder mit dem weichen Sellerie mischen, Zitronensaft dazugeben und im Termomix fein mixen. Durch ein Haarsieb streichen und abschmecken.

Eis am Stiel

Himbeer-Eis
200 g Himbeeren | 500 g Joghurt | 1 dl Rahm | 80 g Zucker | 40 g Glukose

Himbeeren mit Zucker und Glukose erhitzen, erkalten lassen. Joghurt mit Rahm und den Himbeeren mischen, in Pacojet-Becher abfüllen, 24 Stunden gefrieren lassen.

Sauerrahm-Eis
4½ Becher Sauerrahm | Abrieb von 8 Limonen | 200 g Milch | 600 g Puderzucker | 400 g Limonensaft

Alles zusammen erwärmen, danach gut mixen, in Pacojet-Becher abfüllen, 24 Stunden gefrieren lassen.

Fertigstellung
Holzstäbchen | Magnum-Eis-Formen | helle und dunkle Couverture | Kakaobutter

Helle und dunkle Couverturen separat mit gleichen Teilen Kakaobutter schmelzen, bereitstellen. Die beiden Eissorten pacossieren und in Spritzsäcke füllen. Die Magnumformen bis zur Hälfte mit Sauerrahm-Eis befüllen. Holzstäbchen einfügen und anfrieren. Danach Himbeereis abfüllen, mit einem Spachtel glattstreichen und einfrieren. Eis aus der Form lösen, durch die weisse Couverture ziehen und mit der dunklen Couverture ein Muster aus Fäden zeichnen, erneut anfrieren und servieren.



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