«Es geht um mehr als mein Essen.»
Dass das Restaurant Silex schon vor seiner Eröffnung im November 2021 als heisse Zürcher Gastroadresse gehandelt wurde, liegt nicht nur, aber zu einem beträchtlichen Teil an George Tomlin (und dem Ruf, der ihm vorauseilt). Der Engländer hatte in Neuseeland kochen gelernt und war in Australien zweimal zum besten Nachwuchskoch gekürt worden, bevor er in London erst im The Clove Club anheuerte und dann die Küche im P. Franco führte, einer der besten Naturweinbars der Welt. Auch das Silex, das der 32-Jährige nach ein paar pandemiegeprägten Pop-ups in Zürich mit seiner Frau Julia von Meiss und Partner Jean-Denis Roger begründete, ist ein Restaurant mit einem ausgeprägten Fokus aufs Thema Wein. «Es geht um mehr als mein Essen», sagt Tomlin. «Um ein ganzes Erlebnis.»
Wobei das, was auf dem Teller liegt, durchaus eine Hauptrolle spielt. Mit unbändiger Begeisterung für die Produkte, die er verarbeitet, und grossem Respekt vor den Menschen, die dahinterstehen, rückt Tomlin vermeintlich Simples wie die Runkelrübe oder den Felchenrogen raffiniert in Szene. Dabei ist ihm ein feines Gespür dafür, was nicht nur kulinarisch, sondern auch gastronomisch funktioniert, nicht abzusprechen – obschon er sich nicht als Trendsetter sieht. «Wir machen einfach, was wir selbst mögen», sagt Tomlin und lacht. «Das Silex ist die logische Fortsetzung dessen, was ich in den letzten Jahren gelernt und gesehen habe.»
Auch das Zürcher Publikum hat den zweifachen Vater bereits eine Lektion gelehrt: «Ich muss zugänglicher werden», lautet Tomlins Fazit. «Persönlich würde ich ja gern einfach rohes Mangalitza mit super-scharfem Kimchi auftischen, aber ganz so funky ist hier nicht gefragt.» Ausserdem habe er sich im Silex inzwischen angewöhnt, den einen oder anderen Arbeitsschritt einzusparen, sagt der ambitionierte Koch. «Meine Gerichte mussten weniger aufwendig werden.» Die Aussage entlockt seiner Frau im Hintergrund ein herzliches Lachen: «Ach was! Die Extrameile gehst du nach wie vor.»
Tomlins Hang zum Perfektionismus steht ausser Frage. «Zudem wird mir halt rasch langweilig; ich will mich entwickeln, mag nicht stehenbleiben.» Wenn eins seiner Gerichte auf der Karte so richtig gut zu laufen beginnt, sieht der Küchenchef deshalb oft schon die Zeit gekommen, es wieder davon zu entfernen.
Restaurant Silex, Freyastrasse 3, 8004 Zürich, 044 210 30 30, silexrestaurant.ch