«Reduktion ist für mich schwierig.»
Vielleicht liegt es am Namen des Hauses, dass Sascha Behrendt rasch auf seine wilden Jahre zu sprechen kommt. Respektive darauf, dass diese weitgehend vorbei seien. Ausgerechnet jetzt, im Hotel Wilden Mann in Luzern. Hier fungiert der 34-Jährige seit März als Küchenchef. «Ich bin angekommen», sagt er und nickt.
Der gebürtige Berliner, der die Ausbildung im Restaurant Volt absolviert hatte, kam 2010 in die Schweiz und heuerte in der Region Zürich an. Die erste Küchenchefstelle übernahm er mit 26 im Wetziker Hotel Swiss Star und begleitete anschliessend die Neueröffnung des Gasthofs Hecht in Fehraltorf. Nach einem Abstecher in die alte Heimat zog es Behrendt erneut in die Schweiz, diesmal ins Berner Oberland. Im Tropenhaus in Frutigen erkochte er sich 15 Punkte, bevor er dieses Jahr eben nach Luzern wechselte – um im Wilden Mann zur Ruhe zu kommen. «Ich wollte meiner Linie immer treu bleiben, in der Küche frei sein, mich nicht einschränken lassen», sagt Behrendt. «Hier habe ich einen Ort gefunden, der dazu passt.» Das gute Zusammenspiel bestätigt nicht zuletzt Gault & Millau in seiner Ausgabe 2023: mit 15 Punkten.
Im Wilden Mann darf Behrendt tatsächlich alle Register ziehen. Er ist im über 500 Jahre alten Hotel nicht nur fürs leibliche Wohl in den Restaurants Burgerstube (rustikal) und Sauvage (gediegen) zuständig, sondern auch für die Verköstigung der Gäste im Bankettsaal. Der Spagat zwischen den gutbürgerlichen Klassikern und dem Gourmetmenü, das seine Handschrift trägt, scheint ihm leichtzufallen – wobei der Fokus naturgemäss besonders stark auf den Kreationen im Sauvage liegt. In fünf Gängen vereint Behrendt Produkte aus der Region mit Aromen aus aller Welt, mag sich einmal mehr keine Grenzen setzen. «Reduktion ist für mich schwierig», gesteht der Küchenchef. «Ich möchte dem Gast immer alles zeigen; nicht nur, was ich handwerklich kann, sondern eben auch, wie vielfältig ein Produkt ist.»
Seine erklärte Liebe zu Säure und Schärfe, zu viel Umami und jeder Menge Kraft bringt Behrendt überraschend filigran auf den Teller. Aber eben: Die ganz wilden Zeiten liegen hinter ihm. «Früher wollte ich unbedingt immer alles anders machen als die anderen», erinnert sich der Koch. «Heute probiere ich zwar immer noch viel aus, aber ich schicke kein Gericht, bevor es ganz ausgereift ist.»
Hotel Wilden Mann, Bahnhofstrasse 30, 6003 Luzern, 041 210 16 66, wilden-mann.ch