Schon frühmorgens ist Josef Göltl draussen im Freien und verfüttert frischen Luzern-Klee an seine rund 150 Schweine. Im Osten Österreichs, im flachen, relativ warmen und trockenen Burgenland, züchtet der Bio-Bauer die Rassen Mangalitza, Turopolje und Schwäbisch Hall. Es sind allesamt alte und robuste Rassen, resistent gegen Kälte sowie Krankheiten.
«Die artgerechte Haltung auf weiten Weideflächen unter freiem Himmel, eine natürliche Fütterung, gänzlich frei von Kraftfutter, sowie der respektvolle Umgang mit meinen Schweinen – das ist mir wichtig», erklärt Göltl und krault dabei das dichte Fell eines Wollschweins. So werden die ursprünglich aus Ungarn stammenden Mangalitza-Schweine auch genannt. Sie zeichnen sich durch krause, wollähnliche Borsten aus. «Egal, wie kalt es ist, die Tiere können dank ihrer dicken Speckschicht problemlos das ganze Jahr über draussen sein – und sie geniessen das auch sichtlich, dass sie das bei uns hier dürfen.»
Nicht zuletzt wegen dieser dicken Speckschicht erfreut sich das Schweinefleisch der Göltls in Spitzenküchen grosser Beliebtheit. In der Küche des Familienbetriebs stellt Göltls Frau Elena mit dem Rückenspeck der Bio-Mangalitza- Schweine eine exquisite Crema di Lardo her. Für die aus der italienischen Küche bekannte Spezialität wird nur der feste obere Teil des Rückenspecks direkt unter der Schwarte verwendet.
Zwischen Mai-Alpen und Sura Kees
Rund 700 Kilometer weiter westlich – am anderen Ende Österreichs –, im Montafon in Vorarlberg, treiben Oswald Ganahl und seine Familie jeweils im Mai einen Teil der 18 Kühe auf die Voralpe auf über 1400 Meter über Meer. «Hier bleiben sie, bis in der Hochalpe die Wiesen saftig grün sind», erklärt Oswald Ganahl, der den Hof 1987 von seinem Vater übernahm. Seit einem Jahr sind Sohn Thomas und seine Frau Theresa die Geschäftsführer des Bergbauernhofs auf dem Bartholomäberg. Gemeinsam mit Vater und Grossvater
kümmert er sich um die Tiere und die Herstellung von Sura Kees. Der sauer vergorene Käse hat in der Region eine lange Geschichte wurde aber irgendwann vom Labkäse abgelöst. «Bis mein Vater und ein paar andere Bauern vor 30 Jahren wieder damit anfingen», so Thomas Ganahl. Damals seien sie dafür noch belächelt worden. «Heute stellen alle 13 Kuhalpen der Gegend Sura Kees her.»
Schämen müssen sich die Ganahls ganz sicher nicht für ihre Verbundenheit zur Käsegeschichte des Montafons. Insbesondere die Spitzenköche der Region schätzen das Handwerk und bauen den Käse in ihre Gerichte ein. So wird aus dem jungen, milden Sura Kees mit Quinoa und Zucchini schnell ein leichtes Sommergericht. Wobei die Kombination mit Speck auch sehr beliebt ist. Nur weniger leicht.
Und obwohl der Sura Kees ein Magerkäse ist, besitzt er einen würzigen Geschmack. Mit zunehmender Reife wird der zuerst mild-aromatische Käse leicht pikant bis säuerlich mit einem dezent salzigen Unterton. «Das mögen dann nicht mehr viele. Der Käse sollte also schnell gegessen werden», so Ganahl. Seit neustem widmet er sich übrigens dem Camembert. Der gelernte Landwirt und Zimmermann hat damit seine neue Bestimmung gefunden. «Weichkäse gibt es hier im Montafon nicht so oft», erklärt er. «Aber so weit sind die Herstellungsverfahren von Sura Kees und Camembert nicht voneinander entfernt.»
Für Thomas Ganahl ist es wichtig, sich immer weiterzuentwickeln. Auch beim Sura Kees: Deshalb verfeinert die Familie den traditionellen Käse mal mit Kräutern oder verkauft ihn in Herzform. Auch über das Montafon hinweg hat der ehemalige Arme-Leute-Käse Erfolg. Der geringe Fett- und Cholesteringehalt sowie das hochwertige Eiweiss machen ihn nämlich zu einem regionalen Superfood.