Aufgebrüht

Inspirierender Stoff

Über Kaffee mit dem botanischen Familiennamen Coffea lässt sich viel erzählen. Düsteres aus der Geschichte und aus der Gegenwart, Genussvolles aus der Welt der Baristas, Leidenschaftliches über die Zubereitungsarten, Amüsantes aus der Welt der Kaffeehäuser, Verwirrendes aus der Medizin und der Suchtforschung, Aufmunterndes aus der Welt der Aufputschmittel.

Denn politisch, wirtschaftlich und geschmacklich hat Kaffee eine Berg-und-Tal-Fahrt hinter sich. So zielten etwa Sittenmandate im 18. Jahrhundert immer wieder darauf ab, das exotische, energie- spendende (oder energieraubende?) Heissgetränk zu verbieten – wenn auch erfolglos. Die ersten Kaffeehäuser entstanden, und mit ihnen die Möglichkeit für das breite Bürgertum, das Luxusprodukt zu konsumieren und sich nebenbei über Neuigkeiten auszutauschen. So wandelte sich der Kaffee – und damit waren nicht nur der reine Bohnenkaffee, sondern auch die unzähligen Surrogate gemeint – vom Luxusgut zum Alltagsgetränk.

Kaffee verdrängte den Alkohol vom Speiseplan und wurde etwa in der Schweiz zum Begleiter der ebenfalls noch jungen morgendlichen Kartoffelspeisen. Er beglückte sowohl Adel als auch Arbeiterschaft mit wertvoller Energie. Doch gab es auch äusserst kritische Stimmen, denn er konnte nicht nur mit guter Milch, sondern auch mit schlechtem Schnaps getrunken werden. Durch die enorm gestiegene Nachfrage wurde Kaffee für immer mehr Bürger erschwinglich, die Surrogatindustrie und der Anbau in den Kaffeeländern erlebten einen regelrechten Boom.

Und so verlagerte sich auch das Rösten des Kaffees allmählich von der heimischen Küche hin zu professionellen Röstereien. Immer lauter wurden die Rufe nach haltbaren und einfach zubereitbaren Varianten, die auch die Aromen konservierten. Der Boden für erste wasserlösliche Produkte war geebnet und mit der Lancierung von Nescafé 1938 ein wichtiger Grundstein in der sensorischen Erforschung des Kaffees gelegt.

Geschmacklich hat sich der Kaffee zu einem vieldiskutierten Produkt entwickelt, nicht zuletzt dank neuer Röst- und Verarbeitungsverfahren. Standen früher aschige, rauchige und holzige Noten im Vordergrund, so findet man heute vollmundige, fruchtige Kaffees mit einer ausgewogenen Balance zwischen Süsse und Säure. Produzentinnen und Produzenten versuchen, sich mit neuen Verarbeitungsmethoden und Geschmacksprofilen zu übertreffen. Bleibt abzuwarten, wie 36 Hours Double Anaerobic Fermentation und Konsorten auf der Weltbühne performen. Und ob Zucker in den Kaffee gehört oder nicht, davon wird an dieser Stelle ein nächstes Mal die Rede sein.

Nadja Schwarz

Kursleiterin Sensorik, Kaffeemacher GmbH
Ausgabe: Salz & Pfeffer 1/2023 / Datum: 14.02.2023


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