21.08.2018 Salz & Pfeffer 5/2018

Auf Bergfahrt

Text: Delia Bachmann – Fotos: Jürg Waldmeier
Wenn der Garten des Kräuterhotels Edelweiss auf der Rigi voll im Saft steht, blüht auch Benjamin Just auf. In drei Gängen zeigt der Küchenchef des Regina Montium, warum seine kreative Terroirküche letzten Herbst mit einem Stern bedacht wurde.
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Tatar vom Grauvieh
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«Der Garten ändert sich so schnell, dass wir die Gänge oft wechseln müssen.»
Seit der Lehre im noblen Hamburger Hotel Louis C. Jacob und bis zur Souschefstelle im Restaurant Prisma im Park Hotel Vitznau sah Benjamin Just nur Sterne-Küchen von innen. Das änderte sich erst, als er vor anderthalb Jahren im Kräuterhotel Edelweiss auf der Rigi als Küchenchef anheuerte. Doch die Reise in sterneloses Terrain wurde zum Kurztrip: Letzten Herbst verlieh Michelin dem Regina Montium den ersten Stern. Und belohnte damit die Philosophie, die Just und das Gastgeberpaar Gabriella und Gregor Vörös Tag für Tag leben: eine strikte Terroirküche, die es mit der Tradition nicht so genau nimmt und ihre Kreativität aus selbst auferlegten Grenzen sowie einem imposanten Kräutergarten schöpft.

Der Garten reicht schon bis zu den Gleisen der Zahnradbahn. Von Austernpflanze bis Zimtbasilikum hat Gregor Vörös darin 360 Kräuter angesiedelt, darunter 24 Sorten Thymian. Dazu Damaszenerrosen, Eiskristallsalat, Nelken, Hopfen, Inkahörnchen et cetera. Für Benjamin Just ist das ein Segen – und eine Herausforderung: «Der Garten ändert sich so schnell, dass wir die Gänge oft wechseln müssen.» Besonders einfallsreich ist der 31-Jährige, wenn es darum geht, Alternativen für Zitronen, Soja, Cola oder Oliven zu finden. So bringen Scheinquitten oder Schildampfer eine erfrischende Säure ins Gericht. Süsslupinen ersetzen Soja, grüne, fermentierte Zwetschgen die Oliven und der Aufguss aus Colakraut kommt geschmacklich verblüffend stark ans Original heran. Die einzige Regel lautet: Erlaubt ist, was der Boden hergibt. Die Ausnahme dazu: Bohnenkaffee. «Wir haben zwar wilde Zichorien, aber die Ergebnisse sind bisher unbefriedigend», erklärt Just.

Wo möglich, wird nachgeholfen. So versucht es Gregor Vörös im Wellnessbereich mit Pfeffer. Oder mit Sämlingen, die er einem befreundeten Bauer nach dem Leihmutter-Prinzip zur Aufzucht gibt. Anders als der Garten soll das Restaurant nicht wachsen, Stern hin oder her: «Wir brauchen Zeit für die Kräuter und Experimente, sonst verlieren wir die Freude daran», sagt Just und erzählt vom Sekt aus Lindenblüten und Rotklee oder Fichtenspitzen, an dem er und Vörös gerade tüfteln. Über den Werbeeffekt freuen sie sich trotzdem: «An dem Tag, als der Stern kam, wurden wir in den Köpfen von einem teuren zu einem günstigen Restaurant», so Just.

Regina Montium
Kräuterhotel Edelweiss
Staffelhöhenweg 61, 6356 Rigi Kaltbad
041 399 88 00
www.kraeuterhotel.ch

Euter, Milzschnitte und Blutpudding
Euter, Milzschnitte und Blutpudding
Falsche weisse Schoggi
Falsche weisse Schoggi

Tatar vom Grauvieh

Tatar
200 g Bio-Jungrindhuft | 6 g Salz | hauseigener Tabasco | Liebstöckel | Pfefferkraut | Eigelbcreme | Schalotten-Ketchup

Jungrindhuft fein würfeln und mit etwas Salz vorwürzen. Eigelbcreme, Schalotten-Ketchup, Liebstöckel und Pfefferkraut daruntermischen. Mit etwas Salz und Tabasco nachwürzen.

Röstzwiebelpüree und Zwiebelfond
3 Zwiebeln | Bratöl | 300 ml Rinderfond | 10 g Leinsaat | Kräuteressig | Salz | Zucker

Zwiebeln schälen, schneiden und mit etwas Öl in einer Pfanne rösten, bis sie karamellisieren, dann mixen, bis ein feines Püree entsteht, und mit Salz abschmecken. Die Zwiebelschalen im Rinderfond auskochen. Den Fond abseihen und um einen Drittel reduzieren. Den dunklen Fond mit Kräuteressig, Zucker und Salz abschmecken und mit vorgequollener Leinsaat leicht andicken.

Als Garnitur
gebeiztes und geräuchertes Eigelb | Sauerteigbrotcreme | milchsaures Rettich-Kimchi | Rainfarn (sehr wenig!) | Nelkenblüten | Schnittknoblauchblüten | Kapuzinerkresseblatt | Radiesli | Knäckebrot

Euter, Milzschnitte und Blutpudding

Euter

500 g Bio-Kuh-Euter | Salz | Zucker

Euter über Nacht kalt wässern: Mit reichlich kaltem Wasser aufstellen und etwas Salz hinzufügen. Leicht simmernd kochen für zirka 6 Stunden. Dünn aufschneiden und würfeln. In einer Sauteuse mit etwas Zucker leicht karamellisieren.

Milzschnitte

200 g Bio-Rindermilz | 2 bis 3 cm dicke Briochescheiben | Salz | ½ Stk. Knoblauchzehe | kretischer Oregano

Rindermilz auf einer Seite häuten und mit einem Spachtel ausschaben, ohne das Milzbindegewebe mitzunehmen. Die Masse mit Oregano, Knoblauch und Salz würzen. Mit etwas Panierbrot zur Konsistenz bringen. Die Brioche mit Milzmasse bestreichen. Die gefrorenen Schnitten in 2 bis 3 Millimeter dünne Scheiben schneiden und dann mit wenig Fett in einer Pfanne rösten.

Panhas (Blutpudding)

400 ml kräftiger Wollschweinfond | 80 g Buchweizenmehl | 100 ml Schweineblut | Mehl

Wollschweinfond aufkochen und mit Buchweizenmehl binden. Schweineblut einarbeiten und in ein GN-Blech ausstreichen. Die erkaltete Masse in Scheiben à 4 x 4 x 0,5 Zentimeter schneiden und mit Mehl bestäubt anbraten.

Rüeblivariation
300 g violette Pfälzer | 200 g Rüebli | 200 g dunkelrote Pfälzer | Bergbohnenkraut | 30 g Butter | Apfelessig

Violette Pfälzer entsaften und den Saft mit einem Esslöffel Essig um die Hälfte einkochen. Rüebli mit Butter, Salz und etwas Zucker in einem Topf weichgaren und fein pürieren. Mit etwas Bergbohnenkraut abschmecken. Dunkelrote Pfälzer mit der Schale im Ofen bei 180°C für 1 bis 1½ Stunden garen. Die Schale ablösen, das Rüeblifleisch in kleine Mocken brechen und mit Apfelessig marinieren.

Als Garnitur

Radiesliblattöl | weisse Pfälzer (gepickelt) | Bergbohnenkraut | Schildampfer | Peperoniöl | kretischer Oregano | piemontesischer Limonen-Thymian | Buchennüssli

Falsche weisse Schoggi

Weisse Schoggiglace
300 ml Bio-Rohmilch | 200 ml Alprahm | 100 g Zucker | 70 g Waldhonig | 25 g Tannenschösslingbutter

Rohmilch mit Zucker leicht aufkochen, mit Eigelb zur Rose ziehen und Rahm zufügen. Mit der Tannenschösslingbutter und dem Waldhonig abschmecken. 

Quarkcrumble
150 g Vollrahmquark | Malvenzucker

Vollrahmquark ausstreichen und dehydrieren. Mit etwas wildem Malven-Puderzucker bestreuen und klein brechen.

Rehydrierte Beeren
200 g wilde Brombeeren | 30 g Puderzucker | 24 Stk. Himbeeren | 24 Stk. Johannisbeeren | 24 Stk. Blaubeeren | 20 g in Läuterzucker eingelegte Föhrenknospen

Je 24 wilde Brombeeren, Himbeeren und Johannisbeeren dehydrieren. Dann in Brombeercoulis einlegen.

Als Garnitur
Buttercrumble | wilde Erdbeeren | wilde Heidelbeeren | weisse Ananas-Erdbeere | Malvenblüte | Süssdolde | Sauerklee | Bronzefenchel | Monardenblüten | Melonen-Salbeiblüten