«Der Garten ändert sich so schnell, dass wir die Gänge oft wechseln müssen.»
Seit der Lehre im noblen Hamburger Hotel Louis C. Jacob und bis zur Souschefstelle im Restaurant Prisma im Park Hotel Vitznau sah Benjamin Just nur Sterne-Küchen von innen. Das änderte sich erst, als er vor anderthalb Jahren im Kräuterhotel Edelweiss auf der Rigi als Küchenchef anheuerte. Doch die Reise in sterneloses Terrain wurde zum Kurztrip: Letzten Herbst verlieh Michelin dem Regina Montium den ersten Stern. Und belohnte damit die Philosophie, die Just und das Gastgeberpaar Gabriella und Gregor Vörös Tag für Tag leben: eine strikte Terroirküche, die es mit der Tradition nicht so genau nimmt und ihre Kreativität aus selbst auferlegten Grenzen sowie einem imposanten Kräutergarten schöpft.
Der Garten reicht schon bis zu den Gleisen der Zahnradbahn. Von Austernpflanze bis Zimtbasilikum hat Gregor Vörös darin 360 Kräuter angesiedelt, darunter 24 Sorten Thymian. Dazu Damaszenerrosen, Eiskristallsalat, Nelken, Hopfen, Inkahörnchen et cetera. Für Benjamin Just ist das ein Segen – und eine Herausforderung: «Der Garten ändert sich so schnell, dass wir die Gänge oft wechseln müssen.» Besonders einfallsreich ist der 31-Jährige, wenn es darum geht, Alternativen für Zitronen, Soja, Cola oder Oliven zu finden. So bringen Scheinquitten oder Schildampfer eine erfrischende Säure ins Gericht. Süsslupinen ersetzen Soja, grüne, fermentierte Zwetschgen die Oliven und der Aufguss aus Colakraut kommt geschmacklich verblüffend stark ans Original heran. Die einzige Regel lautet: Erlaubt ist, was der Boden hergibt. Die Ausnahme dazu: Bohnenkaffee. «Wir haben zwar wilde Zichorien, aber die Ergebnisse sind bisher unbefriedigend», erklärt Just.
Wo möglich, wird nachgeholfen. So versucht es Gregor Vörös im Wellnessbereich mit Pfeffer. Oder mit Sämlingen, die er einem befreundeten Bauer nach dem Leihmutter-Prinzip zur Aufzucht gibt. Anders als der Garten soll das Restaurant nicht wachsen, Stern hin oder her: «Wir brauchen Zeit für die Kräuter und Experimente, sonst verlieren wir die Freude daran», sagt Just und erzählt vom Sekt aus Lindenblüten und Rotklee oder Fichtenspitzen, an dem er und Vörös gerade tüfteln. Über den Werbeeffekt freuen sie sich trotzdem: «An dem Tag, als der Stern kam, wurden wir in den Köpfen von einem teuren zu einem günstigen Restaurant», so Just.
Regina Montium
Kräuterhotel Edelweiss
Staffelhöhenweg 61, 6356 Rigi Kaltbad
041 399 88 00
www.kraeuterhotel.ch