20.11.2016 Salz & Pfeffer 7/2016

Auf den Punkt

Text: Sarah Kohler – Fotos: Jürg Waldmeier
Als er uns entgegenkommt, trägt Hans-Peter Hussong die Motorsäge unter dem Arm. Er war grad mit Bäumen und Büschen beschäftigt, wie so oft, wenn er nicht in der Küche steht.
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«Es gibt bloss Ärger, wenn ich nicht sagen kann, wie es geht.»

Bei der Gartenarbeit komme er zur Ruhe, sagt Hans-Peter Hussong, und führt uns durch sein Reich: die Wirtschaft zum Wiesengrund in Uetikon am See, untergebracht in einem frisch geweisselten Fachwerkhaus, umgeben von diesem grosszügigen Traumgarten mit der schattenspendenden Platane, Kräuterbeeten und einem Reduit, das dem Herrn des Hauses allein gehört.

Erst zeigt uns der Altmeister die Küche, in der er seit 1990 am Herd steht. Hussong ist der Inbegriff von Beständigkeit, Konstanz und Konsequenz. Und er ist, wie er kocht: kein Mann der grossen Worte, wohl aber der Taten, gradlinig, schnörkellos – und immer auf den Punkt. Seine ultraklassische französische Hochküche kommt auf dem Teller überraschend modern daher und war Michelin 19 Jahre zwei Sterne wert. Warum die Tester Hussong für 2017 nur einen Stern zusprechen, bleibt uns ein Rätsel. Gault & Millau bewertet die Kreationen des 61-Jährigen weiter mit 18 Punkten.

Hussong ist nicht aus der Ruhe zu bringen. Seit 47 Jahren kocht er (und das noch immer gern). Mit 14 kam der Saarländer in die Lehre und kletterte die gastronomische Leiter hoch, mit jener Beharrlichkeit, die ihn auch heute auszeichnet. In den ersten Jahren wechselte er saisonbedingt zwischen der Schatzalp in Davos, dem Quellenhof in Bad Ragaz und dem Ascolago in Ascona. In Letzterem stand damals Horst Petermann der Brigade vor. «Ich tat mir das vier Jahre an», erinnert sich Hussong schmunzelnd. Es ist kein Geheimnis, dass Petermann in seinen jungen Jahren ein gestrenger, aufbrausender Lehrer war. «Aber ich wusste: Mehr als bei ihm lerne ich nirgendwo.» Hussong zog nach Berlin, auf die Lenzerheide und nach Losone, wo er seine Frau Ines kennen lernte. Nach einer weiteren Station als Küchenchef im Ascolago übernahm das Paar die Wirtschaft zum Wiesengrund. 2000 kürte ihn Gault & Millau zum Koch des Jahres.

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Hervorgetan hat sich Hussong auch als grosser Ausbildner, über dessen Schultern schon viele aufstrebende Nachwuchstalente schauten – nicht zuletzt Andreas Caminada und Nenad Mlinarevic. Warum er stets junge Köche an seiner Seite verpflichte, wollen wir wissen, und Hussong denkt eine Weile darüber nach. «Weil ich mit ihnen zurechtkomme, sie formen kann», sagt er dann. «Es gibt bloss Ärger, wenn ich nicht sagen kann, wie es geht.» Der Routinier hat aber auch einfach Freude daran, zu lehren und sein Wissen weiterzugeben: «Es ist schön, wenn junge Köche hungrig sind, wenn sie lernen wollen.» Hussongs technische Präzision dürfte jedem ambitionierten Jungkoch die beste Basis sein.

Dabei ist das Motto des Küchenchefs im Prinzip simpel: «Weniger ist mehr», sagt Hussong, als er den ersten Teller für uns anrichtet, eine so einfache wie bestechende Kreation aus Kabeljau, Meerrettich und Rande. «Wenn ich nichts mehr weglassen kann, ist es gut.»

Wirtschaft zum Wiesengrund, Kleindorfstrasse 61, 8707 Uetikon am See, 044 920 63 60, www.wiesengrund.ch