«Kakao hat 600 verschiedene Aromakomponenten.»
Mit sich herumgetragen hatte sie den Wunsch schon lange. Laura Schälchli war noch Studentin an der Universität für gastronomische Wissenschaften im norditalienischen Bra, als sie erstmals Kontakt mit lokalen Schokoladenmanufakturen hatte – und in ihrem Kopf die Idee reifte, das Metier dieser handwerklichen Kleinproduzenten dereinst selbst aufzunehmen. Fast ein Jahrzehnt später hat Schälchli Nägel mit Köpfen gemacht: Die Zürcher Slow-Food-Gastronomin, bekannt für ihre Pop-up-Projekte und die kulinarische Plattform Sobre Mesa, ist unter die Schokoladenproduzenten gegangen. La Flor, ihre Schokoladenmanufaktur im Zürcher Binz-Quartier, hat diese Woche offiziell den Betrieb aufgenommen. Zum Gründerteam gehören nebst Schälchli die Grafikerin Zelia Zadra, Heini Schwarzenbach vom gleichnamigen Zürcher Kolonialwarengeschäft sowie Gastronom Ivo Müller, Mitinhaber des Restaurants Rosso und der Bar Basso in Zürich. Als Fachmann für die Produktion hat das Quartett Finn Ramseier verpflichtet. Zu den beruflichen Stationen des jungen Lebensmitteltechnologen gehören etwa die Cioccolateria Casa Nobile sowie Felchlin, die auf Grand-Cru-Schokolade spezialisierte Manufaktur in Schwyz.
In der ehemaligen Backstube der Bäckerei Buchmann wird nun in die Tat umgesetzt, was in über zweijähriger Tüftelei erprobt wurde: die Produktion einer Schokolade mit unverfälschtem Kakaogeschmack. «Eine gute Schokolade», sagt Schälchli, «braucht nicht mehr als Kakaobohnen, Zucker und etwas Kakaobutter.» Letztere schenkt der Schokolade ihren unverkennbaren, cremigen Schmelz. Um dieses Mundgefühl zu verstärken, setzt die Industrie auf den Emulgator Lecithin. Bei La Flor verzichtet man darauf, ebenso wie auf Vanille oder Vanillin, die synthetische Form des Gewürzes. Solche Beigaben dienten nicht dazu, Schokolade zu veredeln, sagt Schälchli, sondern kompensierten mangelhaftes Aroma minderwertiger Bohnen.
Und bei La Flor gibt es freilich nichts zu übertünchen. «Wir arbeiten mit Kleinproduzenten, die wir persönlich kennen», sagt Schälchli. Die Bohnen liefern drei Kakaobauern aus Ecuador, Brasilien und Venezuela. Einer davon ist Roland Müller, der Vater von La-Flor-Mitgründer und Gastronom Ivo Müller. Zusammen mit seiner Partnerin Jennifer Tibbaut betreibt er im brasilianischen Bahia eine bio-zertifizierte Hazienda, die Kakao nach traditionellen Methoden und als Teil der natürlichen Flora und Fauna in Mischkultur anbaut. Auch in Ecuador sind mit Auslandschweizer Samuel von Rütte und seiner Frau Anita Basurto Battalas erfahrene Agronomen am Werk, während La Flor in Venezuela mit einem Jungunternehmer zusammenarbeitet, der das Handwerk seines Vaters fortführt.