«Frittierte Sachen sind einfach geil.»
Kenny Thomson machts mit Gefühl und nicht unbedingt so, wie es im Lehrbuch steht. Jeden Mittwoch gibts in seiner ziemlich angesagten Bar Exer mitten im Zürcher Kreis vier Southern Style fried Chicken. Dafür gart der 34-Jährige sorgfältig marinierte Pouletstücke sous-vide und wendet diese anschliessend in gewürztem Mehl und Buttermilch. Während der «Session», wie es Thomson nennt, frittiert er die Hühnchenteile dann à la minute und klein portioniert in zwei grossen Töpfen, ohne Fritteuse oder Thermometer, alte Schule halt.
«Es dauerte eine Weile, bis ich den Dreh raushatte», erzählt Thomson. Beim Frittieren ist die Temperaturführung des Öls entscheidend. Zwischen 140 und 170 Grad Celsius gelten als ideal. Wird das Öl heisser, bildet sich krebserregendes Acrylamid, raucht es gar, gehört es direkt in die Tonne. Empfohlen sind zwei Frittiergänge, einmal bei 140 Grad und anschliessend ein (kurzes) zweites Mal bei 160 bis 170 Grad. Tiefere Öltemperaturen sind laut Physiker Thomas Vilgis übrigens weniger ein Problem als allgemein angenommen. Bereits bei 105 Grad verdampft das Wasser im Frittiergut und hindert so das Öl am Eindringen.
Für Thomson ist das Steuern der Temperatur Gefühlssache: «Ich sehe es dem Öl an, wie heiss es ist, zum Beispiel an der Art, wie das Poulet darin reagiert.» Nach 20 Kilo Pouletfleisch ist die Session jeweils zu Ende. «Danach sind alle fertig, ich und das Öl.» Letzteres wiederzuverwerten, stehe nicht zur Diskussion. Das Filtern sei sinnlos, die Rückstände der Panade seien schlicht zu gross.
«Frittierte Sachen sind einfach geil», so Thomson. Das Kochen im flüssigen Öl verändere den Charakter eines Lebensmittels, zerstöre es und verschmelze die Geschmäcker zu etwas Neuem. Kein Wunder, ist die Hochtemperatur-Kurzzeitgarung rund um den Globus beliebt, obwohl oder gerade weil sie dem vorherrschenden Zeitgeist hin zu einer fettreduzierten Ernährung diametral entgegenläuft. Und weil praktisch niemand zu Hause eine Fritteuse herumstehen hat, verlangen die Gäste dafür im Restaurant umso mehr nach Pommes, Fischknusperli, Tempura und Konsorten.
Deshalb sollten sich Küchenchefs stärker mit dem heissen Ölbad in ihrem Betrieb beschäftigen. «Vor allem das Frittieröl wird in der Gastronomie immer noch stiefmütterlich behandelt», sagt Peter Wicki von der Solfina AG. Seit drei Jahren wirbt der 52-Jährige bei Gastronomen landauf, landab für ein vor rund 40 Jahren entwickeltes Pulver auf Basis von Magnesiumsilikat. Dieses filtert Geruchs-, Geschmack- und Farbstoffe aus dem Öl, regeneriert dieses gleichzeitig und reduziert den Ausschuss erheblich. «Ich predige seit Jahren das Gleiche», sagt Wicki. Die Schwierigkeit liege darin, die Köche davon zu überzeugen, dass sie mit ihrem Öl arbeiten. Dabei sei es völlig egal, welche Sorte man verwende, nur hitzestabil müsse sie sein.