«Ich will diesmal klarer Profil zeigen, mehr mich selbst sein.»
Sie werden die Schweiz im kommenden März am Europafinale des Bocuse d’Or in Budapest vertreten. Was bedeutet der Wettbewerb für Sie?
Christoph Hunuziker: Es ist für mich eine Ehre, dass ich die Schweiz in diesem Kontext noch einmal repräsentieren darf. Ich hatte ja damals 2015 den Sprung ins Finale nach Lyon geschafft. Hinter meiner Entscheidung zur erneuten Teilnahme steht aber auch ein persönliches Motiv: Ich will meiner Wettkampfkarriere damit ein würdiges Ende setzen – noch einmal richtig Gas geben, in den Angriff gehen und dabei hoffentlich das Beste rausholen. Nachher ist Schluss. Ich habe jetzt einen eigenen Betrieb und damit andere Prioritäten. Und mit bald 40 mag ich körperlich nicht mehr gleich wie mit 25, das kommt hinzu. Man braucht mehr Regenerationszeit.
Sie folgen auf Ale Mordasini, der sich am Weltfinale in Lyon den achten Platz erkocht hat. Wie gehen Sie mit dem Druck um, der nach diesem sehr guten Resultat auf Ihnen lastet?
Ales Leistung ist mir ein Ansporn, das Niveau zu halten und der Jury erneut zu beweisen, dass die Schweizer Kandidaten in diesem Wettbewerb ihre Berechtigung haben. Mein Ziel ist klar Lyon. 2015 war ich bei der Europaausscheidung der Wackelkandidat, qualifizierte ich mich mit dem zwölften Platz gerade noch fürs Finale. Das würde diesmal nicht mehr reichen. Aber ich habe aus meiner Erfahrung auch gelernt und weiss, was ich diesmal besser machen muss.
Zum Beispiel?
Im Bereich Arbeitsorganisation und -technik lief 2015 einiges schief. Wir hatten gewisse Geräte zu wenig im Griff, etwa in Sachen Stromverbrauch. So stieg auf einmal der Strom aus, und bei den Fisch-Hauptkomponenten gabs dann statt einer Knusperkugel eine gefrorene. Wir hatten im Vorfeld nur in der Betriebsküche geübt und setzten bei den Gerätschaften auf das, was budgettechnisch eben drin lag. Heuer haben wir eine völlig neue Situation: Unsere Trainingsküche ist ein originalgetreuer Nachbau des Arbeitsplatzes, den wir in Budapest vorfinden werden. Es ist dieselbe Küche, die Mario Garcia als erster Schweizer Kandidat zur Vorbereitung aufs Weltfinale 2019 nutzen durfte. Wir haben sie in einer Lagerhalle in Schüpfen aufgebaut, ich werde da demnächst einziehen. Die Vorbereitung läuft viel professioneller, das sollte uns derlei Schnitzer ersparen. Wichtig ist mir auch, diesmal klarer Profil zu zeigen, ich möchte mehr mich selbst sein.
Wie meinen Sie das?
Damals hatten mir im Vorfeld viele Berufskollegen ihre Unterstützung und Beratung bei der Vorbereitung angeboten. So kamen jede Menge Spitzenköche zu mir auf den Berg, alle mit tollen Ideen, was einerseits grossartig war, andererseits aber dazu führte, dass ich zig unterschiedliche Meinungen zu einem Rezept hatte, denen ich allen ein Stück weit gerecht werden wollte. Das hat man gemerkt: Am Schluss fehlte der Sache, wie mir schien, eine klare Handschrift.
Zu viele Köche, die den Brei verdarben?
Nun, über die zahlreiche Unterstützung hatte ich mich gefreut– aber ja, diesmal lege ich schon mehr Wert darauf, mein Ding durchzuziehen. Deshalb wird mein Team viel kleiner sein. Es haben wiederum unterschiedliche Kollegen ihre Hilfe angeboten, wer im Kernteam sein wird, wird sich bis Ende Jahr weisen. Mein Coach steht fest: Dominik Huber ist ein langjähriger Freund von mir und Gewinner des Bocuse d’Or von 1997. Kochtechnisch ist er nicht mehr ganz auf dem neuesten Stand, aber in Sachen Arbeitsorganisation gehört er zu den Besten, die ich kenne.
Wie weit sind Ihre Gedanken, was Konzeptuelles betrifft?
Die Wettbewerbsvorgaben sind noch nicht abschliessend bekannt. Bei der Fleischplatte, so viel ist bisher klar, soll es ein Wildrücken sein. Auf Englisch war von Hirsch die Rede, aber die Mengenangabe von zwei Kilogramm lässt darauf schliessen, dass es sich eher um einen Rehrücken handelt. Das klären wir ab. Aktuell kommen laufend mehr Informationen, die Idee ist, dass wir bis Mitte Dezember das Menü definiert haben und dann mit Üben anfangen. Ab Januar werde ich zwei Tage die Woche ausschliesslich in der Trainingsküche arbeiten. In welche Richtung wir inhaltlich gehen, ist noch offen. Natürlich will man es gerne anders machen als die anderen.
Was heisst das?
Gute Frage. In den vergangenen Jahren zeigte sich eine Tendenz, die Nordländer zu imitieren. Ich selbst möchte eine eher klassische Linie fahren. Jetzt gilt es, der Jury auf den Zahn zu fühlen, sich ein Bild davon zu machen, wer da mit im Boot ist und wie diese Leute ticken. Aber eben: Ich will mich nicht verbiegen. Ich bin bereit, Neues zu lernen und andere Perspektive einzunehmen – aber ich mache auch nicht jeden Mist mit in der Hoffnung, dass es gut ankommt.
Woran denken Sie da konkret?
Manchmal scheint mir, dass an diesen Wettbewerben Form über Inhalt geht, also wichtiger ist als der Geschmack. Wo früher exakte Handarbeit nötig war, beim Rollen, zum Beispiel, springt heute die Silikonform in die Bresche. In gewissen Bereichen hat die ihre Berechtigung, aber ich finde, es muss nicht die hinterletzte Komponente ins Förmchen gestrichen und mit Gelatine gestützt werden, damit sie auf dem Teller möglichst formvollendet daherkommt. Ich finde, es darf ruhig ein bisschen authentischer sein – dem Geschmack kommt es zugute.