22.01.2025

Besser spät als nie

Text: Wolfgang Fassbender – Fotos: z. V. g.
Der neue Guide Michelin beschert Österreich endlich wieder flächendeckend Sterne – darunter ein zweites Restaurant mit Höchstbewertung
36995 MICHELIN Guide Austria 21.01.2025 C O Sterreich Werbung Jo Rg Lehmann

Die Präsentation des nach vielen Jahren Unterbrechung erneut produzierten Guide Michelin avancierte zum Schaulaufen der kochenden, schreibenden und repräsentierenden Prominenz. Viel Geld hat das Land ausgegeben, um wieder auf der Bühne der besternten Gastronomie zu erscheinen. Die Sache dürfte sich lohnen.

Wer allerdings Überraschungen am laufenden Band erwartet hatte, ein Vom-Kopf-auf-die-Füße-Stellen der österreichischen Gastroszene, der wurde eines Besseren belehrt. Die Inspektoren des Guide Michelin blieben überwiegend auf der sicheren Seite. Man merkte es bei den Auszeichnungen für Service und Weinkennerschaft. Barbara Eselböck vom Taubenkobel, die den Service Award bekam, und der bei Döllerer beschäftigte Alex Koblinger, der als Sommelier ausgezeichnet wurde, hatte man durchaus auf der Short List gehabt – und das sogar weit vorn.

Auch bei den 62 Ein-Sternern gab es mehr Bestätigungen seit langem überzeugender Leistungen als Sensationen. Immerhin: Auch in Wien, das ja bekanntlich bisher schon mit Sternen bedacht war, wurde aufgestockt. Herzig, Z'SOM und Esszimmer ergatterten neu den Stern.

Neben Veteran Juan Amador darf sich auch Heinz Reitbauer vom Steirereck mit drei Sternen schmücken.
Neben Veteran Juan Amador darf sich auch Heinz Reitbauer vom Steirereck mit drei Sternen schmücken.
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Zwei Sterne oder doch nur ein grüner?
Dass Hubert Wallner und die Geschwister Rauch, die zu den bekanntesten Gastronomen des Landes zählen, lediglich mit einem Stern bedacht wurden, dürfte den einen oder anderen, vielleicht auch die Inhaber selbst verblüfft haben; dass Gut Purbach nur den grünen Stern bekam, ebenfalls. Bei den 18 Zweisternern war ein erfreulich ausgewogenes Verhältnis zwischen Klassik (Obauer) und Moderne zu beobachten: Die Rote Wand ergatterte ebenso zwei Sterne wie Stefan Doubek in Wien. Eine echte Überraschung waren dann die zwei Sterne für Dennis Ilies, den neuen Küchenchef des Tannenhofs in St. Anton. Der hatte zu Beginn der Wintersaison begonnen, einen Stern erhofft; dass es dann aus dem Stand zwei wurden, liess staunen – offenbar wurde noch last minute getestet.

Endlich drei Sterne fürs Steirereck
Beim Thema drei Sterne waren die Spekulationen im Vorfeld übergesprudelt. Das Ikarus? Der Taubenkobel? Vielleicht das Landhaus Bacher? Doch es wurde dann – neben Veteran Juan Amador aus Wien – jener Koch, dem die meisten Kollegen schon vor Jahren die Höchstauszeichnung gewünscht hätten. Heinz Reitbauer arbeitet im Steirereck nach Meinung vieler schon eine gefühlte Ewigkeit auf Drei-Sterne-Level, bekommt die entsprechend dekorierte Kochjacke aber erst jetzt umgehängt. Besser spät als nie.