Der Topf ist nicht für Gourmets gemacht, sondern für Reisende, die nicht zu viel schleppen wollen.
Vanilleglace ist für Jeroen Achtien normalerweise keine Hexerei. An diesem Tag jedoch ist alles etwas anders: Anstatt in seiner Profiküche steht der Sternekoch am Ufer des Vierwaldstättersees über einen Campingkocher gebeugt. Achtien, der Shootingstar aus dem Vitznauerhof, hat sich für uns auf ein Experiment eingelassen: Er bereitet exklusiv für Salz & Pfeffer ein Drei-Gänge-Menü zu – unter erschwerten Bedingungen.
Die Flamme des Benzinkochers, Modell MSR Dragonfly, lässt sich relativ gut regulieren. Das stimmt den Spitzenkoch zuversichtlich. Die Zutaten für die Vanilleglace dürfen sich auf keinen Fall zu stark erwärmen. Doch nicht nur die ungewohnte Hitzequelle ist eine Herausforderung, sondern auch der Boden des Topfs. Er ist nicht für Gourmets gemacht, sondern für Reisende, die nicht zu viel schleppen wollen. Super dünn, wie er ist, brennt schnell mal was an. Und dann ist da auch noch der leicht böige Wind, der einmal mehr, einmal weniger Wärme wegträgt.
Der 31-jährige Holländer bringt wider Erwarten keine Campingerfahrung mit. Er denke gern «out of the box», erklärt er seine Einwilligung für das spezielle Setting. Achtien mag es, aus bewährten Denkmustern auszubrechen und Neues zu probieren – eine Eigenschaft, die wohl dazu beigetragen hat, dass er sich im Restaurant Sens im Vitznauerhof seit Beginn dieses Jahres zusätzlich zu den 16 Punkten von Gault & Millau auch mit einem Michelin-Stern schmücken darf.
Während Achtien seine Gäste im Sens unter anderem mit Fermentiertem überrascht, hat er sich für das Freiluftexperiment eine Vorspeise mit Ceviche vom Felchen auf Papaya-Mango-Salat mit eingelegten Tulpenzwiebeln und Avocado ausgedacht. Das Ceviche hat einen entscheidenden Vorteil: «Der Limonensaft macht den Fisch weiss und zart, die Säure spaltet die Proteine und wirkt wie Hitze – damit bleibt auf dem Kocher Platz für die Vanillecrème.» Zur Vorspeise gehört auch eine Mayonnaise mit Sesamnote. Achtien muss sie am Ufer des Vierwaldstättersees ohne elektrisches Rührwerk herstellen: «Das ist aufwendig und heikel. Wenn sich das Öl vom Eiweiss scheidet, dann ist die Mayo futsch und sind die nötigen Zutaten weg. Aber da ich für die Vanilleglace bloss das Gelbe vom Ei verwendet habe, möchte ich das Eiweiss sinnvoll verwerten.»