Diese drei Gentlemen zahlen jeden Tag soviel Steuern wie Mr. Tabasco in 500 Jahren verdient. (Wobei, gut – vielleicht bezahlen sie ja auch überhaupt keine Steuern, weil Menschen ihrer Kaufkraftklasse für das Bezahlen von Steuern nette karibische Alternativen zu Verfügung stehen oder weil sie Philanthropen sind und Stiftungen äufnen, aber der Spruch mit den 500 Jahren klingt doch wenigstens gut.)
Am WEF in Davos nicht teilgenommen hat indes der ehrenwerte William Henry Vanderbilt, und zwar, weil er das Zeitliche bereits 1885 gesegnet hat. Noch zu Lebzeiten allerdings hat der Eisenbahn-Tycoon folgendes hübsche Bonmot zu Protokoll gegeben: «Die Verantwortung für 200 Millionen Dollar reicht, um jeden umzubringen. Es ist wahrlich kein Vergnügen.»
Vanderbilt hätte am WEF 2017 Freude gehabt. Wenn nämlich ein reicher WEF-Gast an seiner Verantwortung für sein Geld leidet, dann gibt man im einstigen Kurort Davos alles, um das Geld zu mindern und das Leid zu lindern. Mit besonderer Fürsorglichkeit tat sich heuer das Hotel Ameron hervor. In diesem edlen Vier-Sterne-Haus brauchte man nur einen Hamburger mit Kartoffelchips zu bestellen, und das Leiden am Reichtum wurde augenblicklich um 59 Franken vermindert. Die Kunde machte die Runde, und schon zwei, drei Tage später galt das Ameron auf der ganzen Welt als erste Adresse für Menschen, denen ihr Reichtum Bauchweh bereitet. Mit andern Worten: Mit seinen 59-fränkigen Hamburgern hat das Ameron einen veritablen PR-Coup gelandet.
«Die Verantwortung für 200 Millionen Dollar reicht, um jeden umzubringen.»
Auch das Steigenberger Hotel Belvédère hat seinen Gästen viel Leid abgenommen, 48 Franken Leid für einen Caesar Salad, 38 Franken Leid für einen Hot Dog zum Beispiel oder 22 Franken Leid für eine Tomatensuppe mit Basilikum. Bestimmt will das Haus sich langfristig als Hilfswerk positionieren. Natürlich rief diese Hilfsbereitschaft auch Kritiker auf den Plan. Es waren Mitmenschen, die selber nicht übermässig an Reichtum leiden, die gesundende Wirkung der Geldabnahme missverstanden, mit ihren Handys Speisekarten fotografierten und sich auf Twitter austobten. «Bei diesen Preisen bin ich plötzlich gar nicht mehr so hungrig», war einer der netteren Kommentare. Die garstigen Medien zogen nach, und sogar Bundesrätin Doris Leuthard blies ins gleiche Horn: «Vor allem die Hotelpreise sind unverschämt. Damit tut ihr nichts Schlaues – weder für Davos noch für die Schweiz.» Nicht alle haben also den Hilferuf der armen Reichen wahrgenommen. Sunstar, Morosani und andere unsensible Davoser Gastgeber ignorierten ihn eiskalt und hielten ihre Preise auf fast rücksichtslos normalem Davoser Niveau. Cyrill Ackermann, Gastgeber im Hotel Grischa, liess einen doppelten Hamburger servieren und entlastete die leidenden Reichen lediglich um lausige 28 Franken, also um nur unwesentlich mehr als ausserhalb des WEF. Wer im Grischa gleich viel Leid loswerden wollte wie im Ameron beim Hamburger mit Chips, musste dafür ein Tournedos Rossini mitsamt Beilage bestellen. Ausgerechnet bei Ackermann, der für jene Partei im Bündner Grossen Rat sitzt, die sonst ein grosses Herz hat für die Superreichen, aber nein, der Mann erklärte die kolportierten Preise sogar noch kaltschnäuzig als überrissen und als Schaden für die Reputation von Davos. Wie einige andere Gastgeber halte er sich deswegen an die unverbindliche Abmachung der Davoser Hoteliers, die Zimmer um höchstens zehn sowie Futter und Tränke um höchstens 20 Prozent teurer zu verkaufen.
Offenbar verstehen diese einfachen Geister einfach nicht, dass die Superreichen Davos brauchen, um ihr Geld loszuwerden. Dass die heutigen Vanderbilts in ihrer Not ja wohl kaum nach Sörenberg fahren, das ihnen für eine nennenswerte Leidensminderung durch Vermögensabbau gar keine Gelegenheit bietet. Dass sie darauf angewiesen sind, in Davos während des WEF für eine Airbnb-Wohnung mit sechs Betten für eine Woche 30000 Franken hinblättern zu dürfen. Liebe Davoserinnen, liebe Davoser: Achtet um Himmels Willen auf euer Preis-Leistungs-Verhältnis. Bleibt attraktiv für die armen Superreichen. Werdet nicht immer noch billiger und noch billiger. Sonst meldet Klaus Schwab sich mit seiner Eventfirma womöglich eines Tages einfach ab. Und dann habt ihr im Januar plötzlich wieder mal etwas Zeit zum Lesen. Zum Beispiel das eine Buch von George Soros, in dem er die Theorie der Reflexivität erklärt, dank welcher er an der Börse so obszön viel Geld verdiente. Die Theorie der Reflexivität beschreibt nämlich die Entstehung einer Diskrepanz zwischen wahrgenommener und tatsächlicher Realität. Gerade im Zeitalter der alternativen Fakten kann man mit dieser Diskrepanz nämlich verdammt viel Geld verdienen. Oder verlieren. Gell.