«Die Suche nach einem guten Olivenöl gleicht der nach dem heiligen Gral.»
Sie sind in den Kreis von Italiens renommiertesten Olivenölexperten aufgenommen worden. Was bedeutet Ihnen der Einzug in die Final-Jury am international Olivenöl-Wettbewerb Il Magnifico?
Silvan Brun: Die Einladung nach Florenz freut mich sehr. Sie ist ein Zeichen der Anerkennung unseres unermüdlichen Engagements für besseres Olivenöl. Denn Papier – die Etikette – nimmt bekanntlich alles an.
Worauf müssen wir beim Olivenölkauf achten?
Das ist die häufigste und schwierigste Frage, die man mir stellt, weil es darauf keine pauschale und somit einigermassen zufriedenstellende Antwort gibt. Fakt ist: Die Suche nach einem guten Olivenöl gleicht der nach dem heiligen Gral.
Viele Konsumenten orientieren sich dabei am Prädikat extra vergine, wähnen sich also auf der sicheren Seite, wenn sie natives Olivenöl extra kaufen.
Vom nativen Olivenöl extra wird weltweit deutlich mehr vermarktet, als zurzeit produziert werden kann. So ist Olivenöl in Deutschland und den USA das meistgefälschte Lebensmittel, das zeigen Erhebungen. In der Schweiz gibt es dazu keine offiziellen Zahlen, aber die Situation dürfte ähnlich sein. Was wir aus methodisch-systematischen Datensammlungen wissen: Rund 75 Prozent des Olivenöls, das hierzulande als extra vergine in den Handel kommt, entspricht den Kriterien für diese Deklaration nicht. Beachten wir dabei die Tatsache, dass die günstigen Öle einen deutlich höheren Absatz haben, haben wir es sogar bei 98 Prozent des in der Schweiz als nativ extra verkauften Olivenöls mit Etikettenschwindel zu tun. Der ist zwar verboten, wird von den Behörden aber allzu oft toleriert. Den meisten Detailhändlern ists recht so.
Welche Kriterien müssen für die Güteklasse extra vergine erfüllt sein?
Sie sind zahlreich, relativ komplex und betreffen sowohl chemisch-physikalische als auch sensorische Aspekte. So bezeichnet das Prädikat nativ extra zum Beispiel Öle, die ausschliesslich aus der Frucht des Olivenbaumes und allein durch mechanische Verarbeitung gewonnen werden. Dies bedeutet, die Früchte erfahren keine andere Behandlung als Waschen, Dekantieren, Zentrifugieren, Pressen und Filtrieren. Ausserdem gibt es bestimmte chemisch-analytische Grenzwerte, etwa für den Gehalt an freien Fettsäuren, er darf nicht mehr als 0,8 Gramm pro 100 Gramm Öl betragen. Wobei es absurd ist, diesen Wert überhaupt ins Regelwerk aufzunehmen, er ist um ein Vielfaches zu hoch. Ein Öl mit diesem Gehalt an freien Fettsäuren schmeckt und riecht mit hoher Wahrscheinlichkeit schlammig, stichig und ranzig. Es würde somit bereits beim Sensorik-Test durchfallen – der ersten grossen Hürde auf dem Weg zum Prädikat extra vergine.