«Einfach ein grosser Raum für alle? Das funktioniert nicht.»
Sie sind Expertin für die Gestaltung von Gastronomiebetrieben. Warum ist das für Sie besonders spannend?
Leslie Nader: Das Schöne daran finde ich, etwas für ein breites Publikum machen zu können – wobei die Herausforderung dann immer ist, ob ein Konzept den Leuten am Ende auch gefällt, ob es funktioniert. Man hat in dieser Dimension natürlich Möglichkeiten, die bei der Gestaltung eines privaten Raums kaum Thema sind.
Zum Beispiel?
Für den Umbau des Restaurants Yalda in Zürich reiste ich effektiv nach Marrakesch, kaufte dort ein und brachte die Ware nach Hause. Wir verwandelten das Lokal komplett in einen orientalischen Raum, konzipierten die ganze Theke neu. Daheim richtet man ja selten einen Raum ausschliesslich nach einem Motto ein.
Was ist denn bei der Einrichtung eines Restaurants elementar?
Es braucht Zonen. Einfach ein grosser Raum für alle? Das funktioniert nicht. Wir arbeiten zum Beispiel mit verschiedenen Sitzhöhen; mit niedrigen Sesseln für die Lounge, einer Zwischenhöhe, Barhockern. Das schafft Abwechslung und sorgt dafür, dass sich die Leute wohlfühlen. Das ist das Hauptthema unserer Arbeit: Der Gast soll sich willkommen und aufgenommen fühlen.
Wobei das zu einem grossen Teil ja in der Verantwortung jener Menschen liegt, die dann mit dem Gast umgehen. Inwiefern kann die Einrichtung da etwas beitragen?
Das geht Hand in Hand. Gastronomie ist die Summe vieler Faktoren, und sicher sind das Angebot und der Service, die Dienstleistung am Gast, wichtige Punkte. Die Einrichtung kann das passende Ambiente schaffen: mit einer Atmosphäre zum Sichwohlfühlen und aber eben auch mit Abläufen, die funktionieren.
Sie sprechen einen wichtigen Aspekt an.
Die Abläufe sind bei der Gestaltung eines Gastronomiebetriebs zentral: Sie müssen stimmen! Oft arbeiten wir dafür mit einem Küchenplaner, der eng mit dem Bauherrn oder dem Küchenchef im Austausch steht. Aber gerade in Neubauten, in denen die Investoren im Vorfeld einfach mal irgendein Gastrokonzept einplanen, um die Fläche zu vermieten oder zu verkaufen, begegnete ich durchaus kniffligen Ausgangslagen. Wenn die Anschlüsse total unpraktisch vorgesehen sind oder die Küche für den Gastronomen, der einziehen will, keinen Sinn ergibt, weil zum Beispiel die Laufwege viel zu lang sind ... Wir mussten schon komplett umplanen.
Wer hat diesbezüglich das Sagen, respektive wie stark können Sie als Expertin auf die Projekte überhaupt Einfluss nehmen?
Am Ende entscheidet der Bauherr, das ist klar und für mich auch kein Problem. Meistens arbeiten wir mit grossartigen Gastronomen als Bauherren zusammen. Die haben oft jahrelange Erfahrung, und dann macht die Zusammenarbeit grossen Spass. Ich finde, dass man das sieht, wenn man sich unsere Projekte anschaut: Wir haben nicht einen Stil, sondern fokussieren uns in jedem Konzept neu auf den Gast, das Produkt und die Geschichte, die im Raum erzählt werden soll.
Und wo passieren in der Innenraumgestaltung besonders oft Fehler?
Neben schlecht geplanten Abläufen vor allem bei der Beleuchtung. Sie entscheidet, ob sich ein Gast am Ende wohlfühlt oder nicht. Wichtig ist, dass nichts blendet und man alles dimmen respektive der Tageszeit anpassen kann. Viele verschiedene Lichtquellen, mit denen zum Beispiel Gegenstände oder Ecken ausgeleuchtet sind, geben dem Gast ein Raumgefühl. Ich persönlich liebe mehrere kleine, feine Lampen, die als Ganzes wirken. Elementar ist auch die Lichtfarbe, gerade im Hinblick darauf, dass das Essen auf dem Teller gut wirkt: Das Licht sollte weder zu warm noch zu kalt sein. Bei grossen Projekten arbeiten wir oft mit Lichtplanern zusammen – das ist aber nicht zwingend einfacher, weil diese auch wieder eigene Vorstellungen mitbringen.
Im Gestaltungsprozess treffen viele Meinungen und Sichtweisen aufeinander.
Ja, und eine Menge Planer. Die Zusammenarbeit ist aber auch sehr spannend; wir machen ja nicht nur einfach die Dekoration in einem Restaurant, sondern begleiten Projekte gestalterisch von A bis Z. Ich arbeitete schon zweieinhalb Jahre an einem Konzept mit, während ein kleinerer Umbau vielleicht nur ein paar Monate dauert. Grundsätzlich muss man sich einfach dessen bewusst sein, dass wir für unsere Arbeit Zeit brauchen, damit wir genau, sauber und effizient planen können. Schliesslich denken wir uns wirklich in ein Lokal hinein, befassen uns mit seiner Umgebung, seiner Geschichte.