Ihr Titel mag sich sperrig lesen, beinhaltet dafür auch viel: Director of Food and Beverage in Charge of Culinary Operations. Was verbirgt sich dahinter?
Michéle Müller: Es handelt sich um eine moderne Funktion, welche die Bereiche F & B und Küche verbindet. Mir war das unheimlich wichtig: Ich hatte zuvor 26 Jahre als Köchin am Herd verbracht – und das mit viel Leidenschaft. Und obwohl ich beschlossen hatte, in Richtung Food and Beverage zu wechseln, wollte ich die Verbindung zur Küche unbedingt behalten. Das war für mich vor allem anfangs entscheidend. Inzwischen liegt mein Hauptaugenmerk auf der F & B-Sparte, in der ich mich mittlerweile sehr wohl fühle.
Warum hat sich das so entwickelt?
Das liegt sicher mit daran, dass zum Zeitpunkt meines Funktionswechsels im Mai 2023 ja auch ein neuer Executive Chef seine Arbeit aufgenommen hat. Ich wollte also Platz machen. Natürlich stand ich meinem Nachfolger mit Rat und Tat zur Seite – gern auch mal ungefragt ... Nein, im Ernst: Ich habe mir wirklich Mühe
gegeben, nie zu sagen: Ich habe das früher so und so gelöst.
Wie haben Sie sich stattdessen eingebracht?
Indem ich gefragt habe, ob ich einen Vorschlag anbringen darf. Die Situation war für alle Parteien nicht immer einfach. Für die Person, die von mir übernahm und ihrer Kreativität freien Lauf lassen wollte – im Wissen darum, dass ich den Job mit dem gleichen Team und in der gleichen Küche schon zweieinhalb Jahre erfolgreich gemacht hatte. Und eben auch für mich, die ich ja genau wusste, wie es mit diesem Team in dieser Küche funktionieren kann. Ich bilde mir aber wirklich ein, mir viel Mühe gegeben zu haben, nicht reinzugrätschen.
Wobei hinzukommt, dass Sie nun eh die übergeordnete Chefin sind.
Das war sicher der Fall, ja. Inzwischen haben wir es allerdings geschafft, uns zu finden, und wir wissen, wie wir am besten miteinander arbeiten. Die Küche macht das, was sie am besten kann, und ich konzentriere mich auf den Service. Auch wenn es mir manchmal sehr schwerfällt, weil die Küche ein Teil von mir ist, ist es wichtig, den Menschen Raum für ihre Eigenständigkeit zu lassen.
Sie bewegen sich nun also an der spannenden – und mitunter spannungsgeladenen – Schnittstelle zwischen Küche und Service. Wie läuft es da?
Zum Glück gab es bei uns keinen Graben zwischen den beiden Bereichen, den ich hätte schliessen müssen. Ich legte schon in meiner Funktion als Executive Chefin grossen Wert auf eine gute Zusammenarbeit. Dieses chronische Neinsagen, das in manchen Küchen gegenüber dem Service etabliert ist, gab es unter meiner Leitung nicht. Meine Philosophie war und ist: Wir sagen nicht einfach Nein – wenn etwas gar nicht geht, bieten wir eine Alternative an. Heute fungiere ich oft als Kommunikatorin zwischen Küche und Service – und verstehe beide Seiten gut. Bei schwierigen Events zum Beispiel stelle ich mich von Anfang an auf der Serviceseite an den Pass, sodass ich das grosse Ganze im Blick habe.
Inwiefern prägt Ihre langjährige Erfahrung als Köchin Ihren Job heute noch?
In der Küche arbeitet man sehr mise-en-place-orientiert und ist den ganzen Tag damit beschäftigt, die Vorbereitungen fertig zu haben. Ich bin entsprechend organisiert und strukturiert unterwegs und bringe das heute zum Beispiel auch im Service ein: Wir arbeiten da nun ebenfalls vorausschauend, mit einer guten Planung – und bereiten Veranstaltungen vielleicht nicht erst am Morgen des Events vor, sondern am Tag zuvor. Auf der anderen Seite muss ich zugeben: Ich erkenne heute Dinge, die ich vorher nicht gesehen habe.
Zum Beispiel?
Wenn ich als Köchin anrichte, suche ich mir für mein Gericht den am besten passenden Teller aus – und bestimme vielleicht, dass die Beilagen à part geschickt werden sollen. Mir ist erst jetzt so richtig klar geworden, wie kompliziert es für den Service effektiv sein kann, das alles zu tragen und auf dem Tisch den Platz dafür zu finden ... Also suche ich heute Wege, um die Küche in ihrer Kreativität nicht zu beschneiden, aber gleichzeitig sicherzustellen, dass der Service in der Lage ist, einen guten Job zu machen.