«Jeder Preis ist verhandelbar.»
Seit fünf Jahren organisieren Sie Nachfolgeregelungen für Gastronomiebetriebe. Welche Fähigkeiten sind in Ihrem Beruf gefragt?
Edi Portmann: Neben dem fachlichen Wissen sollte man diplomatisch sein und Zusammenhänge erkennen können. Meine Aufgabe ist es, das richtige Lokal zum richtigen Wirt zu führen. Dafür braucht es eine gute Menschenkenntnis. Ich muss versuchen, die Leute richtig einzuschätzen. Das gelingt nicht immer. Meistens weiss ich vorher nicht, wie jemand tickt, wenn er dann ein Restaurant tatsächlich führt.
Was ist der Schlüssel zum Erfolg?
Genügend Zeit ist entscheidend. Grundsätzlich gibt es zwei Arten der Nachfolge. In einem Familienbetrieb sollte man sich spätestens fünf Jahre vor der geplanten Übergabe damit befassen. In den anderen Fällen handelt es sich meist um Mietbetriebe mit normalerweise einer Kündigungsfrist von sechs Monaten. Das ist wenig Zeit, um einen neuen Pächter zu finden. Und oft wird der Mietvertrag vom Vorgänger gar nicht erst erfüllt, dann muss es noch schneller gehen. Uns ruft man halt auch an, wenn es bereits zu spät ist, wenn es darum geht aufzuräumen. Konkursämter sind regelmässige Kunden.
Wie sieht denn eine optimale Lösung aus?
Kürzlich schlossen wir ein Projekt in Luzern ab. Die Pächterin hatte das Lokal im Rohbau übernommen, selbst ausgebaut und etwa 15 Jahre lang erfolgreich geführt. Vor der Pension kam sie zu mir. Sie hatte den Wunsch, dass das Lokal weitergeführt wird, und gewisse Vorstellungen über den Preis. Vor allem aber hatten wir genügend Zeit, es musste nicht schnell gehen. So konnten wir den Betrieb in aller Ruhe schätzen und danach jemand Passenden finden. Das dauerte ein Jahr, aber damit muss man rechnen, wenn man präzise Vorstellungen hat. Wir fanden ein junges Unternehmen, das es jetzt zwar nicht so macht wie die Vorgängerin, aber mit einem anderen Konzept sehr erfolgreich ist.
Sie schätzen auch Restaurants, wie gehen Sie vor?
Der Wert eines Lokals definiert sich durch das, was im Betrieb ist, also die Maschinen und das Mobiliar. Viele Wirte wissen gar nicht, was ihnen gehört und was Teil des Mietinventars ist. Das klären wir darum immer zuerst. Bei den Maschinen sind der Jahrgang, der Zustand und natürlich auch der aktuelle Beschaffungswert entscheidend. Relevant sind zudem die von Gastrosuisse definierten Abschreibungssätze. Beim Besteck, bei den Glaswaren oder den Möbeln gelten der Einkaufswert und der Zustand. Am Schluss ist die Schätzung immer nur eine neutrale Empfehlung. Jeder Preis ist verhandelbar.
Die Stammkundschaft eines Restaurants ist wertlos?
Dafür kann man nur etwas verlangen, wenn der Betrieb eine Toplage hat. In solchen Fällen findet man jemanden, vorausgesetzt man hat genügend Zeit. Aber oft fliessen dann viel zu hohe Beträge.
Wie werden Sie eigentlich bezahlt?
Für eine komplette Nachfolgeregelung bekomme ich zehn bis 15 Prozent einer Jahresmiete. 50 Prozent davon sind allerdings erfolgsabhängig. Bei Teilmandaten, etwa einer Inventarbewertung, verrechne ich nach Aufwand.
Gibt es Ihrer Ansicht nach zu viele Restaurants in der Schweiz?
Es sind zu viele, damit alle gut leben können. Aber es hat eine Verlagerung stattgefunden. Auf dem Land sinkt die Zahl der Betriebe, sie werden ersetzt durch Tankstellenshops, Take-aways und Eventlokale. Der soziodemografische Wandel hat dazu geführt, dass sich alles auf die Städte konzentriert. Der klassische Landgasthof hat es schwer, dafür gibts in den Städten immer mehr Gaststätten mit internationalen Konzepten.