Eine Partnerschaft mit dem Lieferdienst bringt zehn bis 50 Prozent mehr Umsatz.
Der Konsument von heute mags bequem: Warum einkaufen gehen, wenn die Ware per Mausklick kommt? Wir bestellen nicht nur Mode, Bücher und Gadgets, sondern immer öfter auch fixfertiges Essen nach Hause – dies allerdings meist noch per Telefon, wie eine Studie des Unternehmensberaters McKinsey zeigt.
Sie beziffert den Markt für Essenskuriere auf weltweit 83 Milliarden Euro und geht davon aus, dass die Sparte bis 2021 jährlich 3,5 Prozent zulegen wird. Erhebungen für den Schweizer Markt zeigen, dass es hierzulande bis zu zehn Prozent sein dürften.
Über eine Milliarde Umsatz
«Für den Konsumenten stellt sich die Frage, warum er das Haus verlassen soll, wenn er sein Essen daheim geniessen kann», sagt Christine Schäfer, Food-Trendforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut. Heimlieferdienste, da ist Schäfer sich sicher, werden eine immer bedeutsamere Alternative zur traditionellen Gastronomie. Dafür spricht auch der Geschäftsgang von Eat.ch, dem Branchenschwergewicht mit über 2000 Restaurants im Portfolio.
«Wir verdoppeln uns jährlich», sagt Dominic Millioud, Managing Director Schweiz des im Jahr 2007 gegründeten Unternehmens, das seit 2015 der britischen Gruppe Just Eat angehört. Smood.ch, Marktführer in der Westschweiz, verzeichnet seit seiner Gründung 2013 ein jährliches Wachstum von 200 Prozent. «Jeden Monat kommen 40 neue Restaurants dazu», so CEO Marc Aeschlimann. Mosi.ch, der Schweizer Food-Lieferdienst erster Stunde, lässt sich nicht in die Bücher blicken, ist aber laut Miteigentümerin Elizabeth Cummins «sehr zufrieden», was das Wachstum betrifft.
Eine Milliarde Franken setzten Gastrokuriere 2016 in der Schweiz um, das zeigt eine von Eat.ch in Auftrag gegebene Branchenstudie. «Mittlerweile», sagt Millioud, «sind es rund 1,3 Milliarden.» Fast die Hälfte der Schweizer Bevölkerung hat sich besagter Analyse zufolge bereits einmal Essen nach Hause bestellt. Rund 17 Prozent setzen demnach ein- bis zweimal im Monat auf diesen Service, drei Prozent mehrmals die Woche und 38 Prozent sehr sporadisch.
Das Durchschnittsalter der Kunden liegt bei 41 Jahren, etwas mehr als die Hälfte davon sind Frauen. In der Regel bestellen zwei bis drei Personen gemeinsam, Essen scheint also auch für diese Zielgruppe ein sozialer Akt zu sein.
Selbst liefern oder auslagern?
Das Potenzial der Branche ist längst nicht ausgeschöpft – auch für Gastronomen nicht. Eine Partnerschaft mit dem Lieferdienst bringe dem Restaurant erfahrungsgemäss zehn bis 50 Prozent zusätzlichen Umsatz, sagt Millioud von Eat.ch.
Lieferdienste bieten Gastronomen unterschiedliche Kooperationsformen an. Bei der Basisvariante koordinieren sie die Bestellungen und platzieren den Betrieb und sein Angebot auf ihrer Internetplattform, über die Kunden per Mausklick oder Telefon bestellen können. Die Auslieferung des Essens organisiert der Gastronom selbst. Im Vollservicemodell hingegen nimmt ihm der Kurierdienst sowohl Bestellwesen als auch Logistik ab.
Ihre Preise nennen die Heimlieferdienste nicht öffentlich. Eine Nachfrage unter Beizern zeigt aber, dass die wichtigsten Player ähnliche Konditionen haben: Für die Vermittlungsarbeit zahlen Restaurants ihnen im Durchschnitt 15 Prozent pro Lieferung – gut 30 Prozent sind es, wenn der Kurier auch die Fahrt übernimmt. Einige Heimlieferdienste wie Mosi.ch bieten ausschliesslich diese Vollservicevariante an.
Suresh Kumar vom Restaurant Löwen in Worb beschäftigt selbst einen Fahrer. «Im vormaligen Betrieb hatte das der Kurier übernommen», sagt er. «Wir hatten öfter Reklamationen aufgrund von Verspätungen oder auch weil die Ware nicht ankam, wie sie sollte.»
Kumar hat den Löwen Ende 2018 um einen Lieferservice erweitert. «Die Kuriere in der Umgebung haben nur Pizza und Kebab im Angebot», sagt er, «da sehe ich für unsere Texmex-Küche eine Marktlücke.» Bis jetzt verzeichnet der Wirt zwei bis drei Lieferungen pro Tag, «Gewinn machen wir ab fünf.» Bisher ist der Löwen auf Takeaway.com präsent. Kumar sagt, er strebe auch eine Kooperation mit Eat.ch an, allein aufgrund der Reichweite der Internetplattform.