«Wir streben keine Akademisierung des Kochberufs an.»
An der Koch-Akademie Heiligkreuz sollen Schweizer Jungköche erstmals einen Abschluss auf HF-Niveau erwerben können. Warum braucht es dieses Diplom?
Andreas Fleischlin: Wir streben damit keine Akademisierung des Kochberufs an. Im Gegenteil: Im Zentrum der Akademie steht das Handwerk. Wir erachten diese neue Ausbildungsmöglichkeit als notwendig, weil wir der Meinung sind, dass Köche heute nach der Lehre zu wenig Gelegenheit haben, um sich weiterzuentwickeln.
Warum?
Die klassische Form der Weiterbildung für Berufsnachwuchs waren früher die Lehr- und Wanderjahre im In- und Ausland. Wir stellen fest, dass immer weniger Jungköche bereit sind, sich auf diese Reise zu begeben. Die Gründe dafür sind vielfältig: Die heutigen Jugendlichen sind viel stärker lokal verwurzelt, sie wohnen länger daheim, gehen früher feste Bindungen ein, sind häuslicher als vorhergehende Generationen. Das hat zur Folge, dass viele junge Köche nicht gewillt sind, für den Beruf umzuziehen oder ihren Lebensmittelpunkt zu verschieben. Ihnen fehlen dadurch wichtige Impulse, um den eigenen Horizont erweitern und ihr Handwerk perfektionieren zu können. Auf Dauer schadet diese Entwicklung dem Kochberuf.
Und da soll die Akademie Abhilfe schaffen.
Genau. Wir wollen die handwerkliche Vielfalt, welche die jungen Leute früher bei ihren Saison- und Auslandeinsätzen erlernten, unter einem Dach vereinen. Dafür werden wir hochkarätige Köche aus dem In- und Ausland als Dozenten verpflichten. Wir wollen unsere Idee aber nicht falsch verstanden wissen: Wir legen jungen Berufsleuten nach wie vor ans Herz, sich auf Lehr- und Wanderjahre zu begeben – denen, die diese Gelegenheit nicht wahrnehmen, möchten wir eine qualifizierte Alternative bieten. Letztlich geht es auch darum, die Position von talentierten Jungköchen im Wettbewerb zu stärken: Das Diplom belegt schwarz auf weiss, was sie gelernt haben und können. Früher erhielt bestenfalls ein Arbeitszeugnis, wer sich seine Sporen abverdient hatte.
Wen wollen Sie an der Akademie begrüssen?
Jungköche mit abgeschlossener Berufslehre sind das wichtigste Zielpublikum. Unsere Türen stehen aber auch ambitionierten Quereinsteigern offen, es wäre geradezu dumm, sie auszuschliessen. Denken Sie etwa an die Slowenin Ana Roš, die derzeit amtierende weltbeste Köchin. Sie ist gelernte Gärtnerin und über Umwege in die Küche gekommen. Unsere Leute müssen kochen können – alles andere bringen wir ihnen bei.