Was treibt Sie als Koch an?
Dennis Puchert: Es ist eine innere Motivation. Essen ist für alle Menschen etwas Essenzielles. Ohne Nahrung gibt es kein Leben. Die verschiedenen Facetten des Essens haben mich immer fasziniert. Meine Lehre habe ich in einem klassisch österreichischen Restaurant absolviert, aber ich habe auch als Frühstückskoch gearbeitet oder mal ein Praktikum in einer Pizzeria gemacht, einfach weil ich wissen wollte, wie man richtig Pizza macht. Irgendwie treibt mich der Gedanke an, zu versuchen, ein kompletter Koch zu werden. Ich möchte mich nicht auf etwas Spezielles fixieren, also zum Beispiel nicht nur Gourmetküche machen. Mich interessiert alles.
Sie wurden als 25-Jähriger zum jüngsten Koch, der in der Schweiz jemals mit einem Stern ausgezeichnet wurde. Eine steile Karriere.
Das finde ich auch.
Was faszinierte Sie an der Gourmetgastronomie?
Es ist die Perfektion. Und natürlich hat man die Möglichkeit, mit Produkten aus der ganzen Welt zu arbeiten. Die Vielfalt ist unglaublich. In der Gourmetwelt wird alles ins Nonplusultra getrieben, das fand ich spannend.
Und doch kehrten Sie dieser Welt vor zwei Jahren den Rücken.
Entscheidend für mich war, dass ich in der Welt der Gourmetgastronomie meine Ziele erreicht hatte und letztlich eine neue Herausforderung wünschte. Das hat auch damit zu tun, dass ich immer danach strebe, etwas Neues zu tun. Ich suchte eine Aufgabe, bei der ich mein über zehn Jahre erworbenes Wissen einsetzen und mich weiterentwickeln konnte. Das war eine schwierige Zeit für mich. Gefühlsmässig gab es viele verschlossene Türen. Durch Zufall kam ich dann in die Entwicklungsküche von Gate Gourmet.
Dass Sie damals Vater wurden, spielte in der Karriereplanung wohl ebenfalls eine Rolle.
Ja, auch. Ich wollte kein Vater sein, der nur selten zu Hause und wenig greifbar ist. Wer in einem Sternerestaurant arbeitet, ist ständig unterwegs. Da gehts morgens früh los bis spätabends, und an den Wochenenden ist auch noch was los. Damals kam für mich einiges zusammen, und am Schluss ein ziemlich glückliches Ende dabei heraus.
Wie sind Ihre Arbeitszeiten heute?
Das Tagesgeschäft ist ganz anders getaktet. Die meisten Flugzeuge werden vor 18 Uhr ausgerüstet. Wir vom Development-Team unterstützen die Produktion, und die läuft von sechs Uhr bis 16 Uhr.
Was genau macht der Executive Development Chef von Gate Gourmet Schweiz eigentlich?
Das fragen mich ehemalige Kollegen aus dem Gourmetbereich auch oft. Es ist recht komplex. Wir entwickeln das gesamte Food-angebot für Airlines, die den Flughafen Zürich anfliegen. Das kann schnell ziemlich aufwendig werden.
Zum Beispiel?
Gewisse Kunden sagen uns von vorneherein, welche Menüs sie wünschen. Je nach Herkunftsland der Airline sind die dafür nötigen Grundprodukte in der Schweiz aber gar nicht erhältlich, oder sie figurieren nicht einmal im Lebensmittelgesetz. Gerade für arabische und asiatische Gerichte sind gewisse Zutaten aber oft unabdingbar für den richtigen Geschmack. Wenn wir diese Produkte in der Schweiz nicht bekommen, sind wir gefordert, Alternativen zu finden oder ein komplett neues Menü anzubieten. Das ist der eine Teil.
Und der andere?
Letztes Jahr produzierten wir hier in Zürich 66 000 warme Mahlzeiten pro Tag. Wir stellen sicher, dass die Rezepturen korrekt umgesetzt werden, und unterstützen die Produktion, wo es geht. Zu unseren Aufgaben gehört es aber auch, Kochprozesse zu optimieren, neue Küchengeräte zu testen oder neue Food-Konzepte zu erarbeiten.
Es heisst, Gerichte auf 10 000 Metern Höhe müssen stärker gewürzt werden, damit sie schmecken.
Das war einmal. Moderne Flugzeuge wie die Boeing 777 sind so gebaut, dass die Atmosphäre mehr Sauerstoff enthält und somit auch das Geschmacksempfinden nicht leidet. Trotzdem ist die Salzfrage oft zentral. Für Asiaten ist die europäische Küche stark überwürzt. Da arbeiten wir mit ganz anderen Rezepturen.
Wie dachten Sie vor Ihrem Engagement bei Gate Gourmet über das Essen im Flugzeug?
Ich habe eigentlich nur positive Erinnerungen daran, auch weil es damit verbunden war, dass ich in die Ferien flog. Aber ich fragte mich schon damals, wie so etwas funktionieren kann. Man steigt in eine Maschine und sieht 200 Leute in der Economy-Class sitzen, dann schaut man aus dem Fenster und sieht nochmals ein Dutzend Flieger. Es war mir klar, dass es hinter den Kulissen nicht zu- und hergeht wie in einem Restaurant, dass es eine industrielle Dimension haben muss.
Welchen Anspruch haben Sie an sich selbst?
Es kommt auf die Klasse an. Mir ist extrem wichtig, die Erwartungen der Airlines zu erfüllen. Dabei decken wir die gesamte Gastronomie ab, vom Sandwich bis zum Menü in der First Class. Dazwischen ist alles möglich. Mir geht es darum, mit den vorhandenen Mitteln das bestmögliche Ergebnis rauszuholen. Manchmal entscheidet ein bisschen Salz oder Säure über die Balance eines Gerichts, das hat dann nichts mit dem Preis zu tun.