05.10.2017 Salz & Pfeffer 7/2017

Einfach, oder?

Text: Martin Jenni – Fotos: Njazi Nivokazi
Im Rubino, in der Basler Innenstadt, wird gegessen, was Manuela Buser kocht, und getrunken, was Beat Rubitschung kredenzt. Wem das nicht passt, der bleibt vor der Türe. Tut aber keiner.
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«Sie erklärte mir am Telefon kurz und bündig, dass man einen Koch nicht um neun Uhr anrufe.»
Das Rubino ist eine lebendige und unaufgeregte Genussoase. In ihr findet das Leben in all seinen Facetten statt. Augenmenschen, Schöngeister und zivilisierte Trinker treffen sich, tauschen sich aus, essen und trinken und lauschen, was Gastgeber Beat Rubitschung über seine vorgeschlagenen Weine zu erzählen hat. Das Rubino bietet seinen Gästen eine ausgewogene, gute Küche, deren Spagat zwischen Innovation und Tradition gelingt: Pulpo-Carpaccio an Stangensellerie-Vinaigrette mit gebratener Chorizo, Süsskartoffel-Mousse mit Granatapfel, Kalbstatar mit Eschalotten-Confit und Safranbrioche, Stockfisch-Kroketten auf Crevetten-Lauch-Ragout, Kalbskopfbacke an Gremolata und ein Mosaik aus Kaninchen und Lammfilet im Speckmantel. Oder wie wäre es mit gebratenen Steinpilzen, Saibling auf Kressemousse, Ricotta-Knusperpuffer mit Suppenhuhn-Fricassée oder für einmal mit Brätkugeln in Weisswein? Eben.

Manuela Buser macht kein grosses Aufheben um sich. Sie kocht nach Lust und Laune in Spitzenqualität und ohne Showelemente.«Das Kochen wurde mir sozusagen in die Wiege gelegt. Meine Mutter war Köchin im Gambrinus in Wangen an der Aare, und ich war im kleinen Saal, unmittelbar neben der Küche, stets mit dabei», sagt sie. Ihre Ausbildung hatte sie bei Jörg Bohren im Romantik-Hotel und Gasthof Sternen in Kriegstetten absolviert, bevor sie sich bei Res Hubler in der Krone in Bätterkinden und bei René Weder im Sternen in Walchwil den Feinschliff holte. «Kochen ist für mich Berufung», so Buser, und auf die Frage, von wem sie sich denn inspirieren lasse, antwortet sie: «Von der Natur. Sie gibt vor, welche saisonalen Produkte ich verwende.» Also keine Tomaten im Oktober und Erdbeeren im Dezember? «Nein, auf keinen Fall!»

Das Begrüssen und Verabschieden überlässt sie ihrem Geschäftspartner Beat Rubitschung, der die Gäste souverän durch den Abend begleitet, auftischt, ausschenkt, erklärt, erzählt und präsent ist, wenn es nötig ist. Er, der nach 30 Jahren in der Informatikbranche Lust auf Neues hatte, ist seit 2003 erfolgreich in der Gastronomie aktiv. Zuerst bis 2008 im Union in Basel und seither im Rubino. Vor fünf Jahren kam das Bistro des Kunstmuseums Basel hinzu, das souverän von Esther Sidler geführt wird. Rubitschung versteht es, für seine Betriebe Mitarbeitende zu finden, die bleiben und mit natürlicher Herzlichkeit und Kompetenz die Gäste überzeugen. «Ich war noch ein gastronomisches Greenhorn, als ich mein Team fürs Union zusammenzustellen begann. Eines Abends erfuhr ich, dass Manuela Buser eine Stelle suchte. Ich rief sie dann am Morgen an», so Rubitschung. «Sie erklärte mir am Telefon kurz und bündig, dass man einen Koch nicht um neun Uhr anrufe, ich solle mich doch um elf Uhr wieder melden.» Das tat er – und fand dabei die richtigen Worte, hält doch die Geschäftspartnerschaft seit 15 Jahren.

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Gegenüber vom Rubino, im Innenhof der Invino-Weinbar, sorgen Kerzenlicht, Kieselsteinboden und Blechgartenmobiliar fürs Ambiente.
Gegenüber vom Rubino, im Innenhof der Invino-Weinbar, sorgen Kerzenlicht, Kieselsteinboden und Blechgartenmobiliar fürs Ambiente.
Gebratener Steinpilz mit Portwein-Feigen und junger Belper Knolle
Gebratener Steinpilz mit Portwein-Feigen und junger Belper Knolle
Die Geschäftspartner im Rubino: Manuela Buser und Beat Rubitschung
Die Geschäftspartner im Rubino: Manuela Buser und Beat Rubitschung
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«Ich bemühe mich, niemals denselben Wein zweimal zu trinken»
Allesesser, Vegetarier und Pescetarier kommen im Rubino auf ihre Rechnung und werden glücklich. Wer keine Freude an ausgewogenen Gerichten hat, lässt es lieber bleiben, zumal man lediglich von zwei bis zu fünf Gängen und zwischen vegetarisch, Fleisch oder Fisch wählen kann. Was dann auf den Teller kommt, entscheidet Buser, bei der Nachhaltigkeit keine Floskel ist, sondern praktizierter Alltag. Das Gemüse ist saisonal und kommt von der Familie Andrist vom Hof Buchmatt im baselländischen Nusshof, deren Produkte je nach Jahreszeit mit Bio- oder Pro-Specia-Rara-Ware anderer Hersteller ergänzt werden. Die Fische werden nach den Richtlinien des Marine Stewardship Council und von «fish4future» eingekauft, und das Fleisch liefert die Metzgerei Jenzer aus Arlesheim, die ihr Schlachtvieh aus artgerechter Haltung bezieht, bei denen die Schweine ein saumässig gutes Leben haben. Sie sind das ganze Jahr über im Freien, können sich suhlen, den Ranzen bräunen oder im Schatten dösen. Bis der Schlachter kommt.

Zum Menü empfiehlt Beat Rubitschung Weine, die überraschen und Freude bereiten. Keine marmeladigen Schreinerweine, sondern Provenienzen, die mit Frische, Filigranität und Fruchtnoten überzeugen und die alle glasweise getrunken werden können. Das Angebot wechselt, je nachdem, was Rubitschung auf seinen Weinreisen entdeckt. Pigato und Rossese aus Ligurien, Freisa aus dem Piemont, Lambrusco aus der Emilia und zahlreiche andere Flaschen aus der Schweiz, aus Frankreich, Deutschland, Spanien, Portugal und Zypern, die diverse Weinnasen überzeugen. «Ich bemühe mich, niemals denselben Wein zweimal zu trinken», bringt Rubitschung seine Trinkphilosophie auf den Punkt.

Apropos Weinnasen. Zum Rubino gehört auch die stimmungsvolle Invino-Weinbar, gleich gegenüber in der Bäumleingasse in der ehemaligen Galerie Beyeler. Was als kurze Zwischennutzung geplant war, hat nun bis 2019 Aufschub erhalten. Was danach kommt, wissen nur die Götter, und die sagen nichts. Ein einziger langer Tisch und ein wundervoller Innenhof werden von zahlreichen Stammgästen zum Aperitif oder für den Nightcap genutzt. Im Sommer ist es hier angenehm kühl, im Winter verpasst Rubitschung dem Innenhof ein romantisches Outfit mit Tannen, Kerzen, offenem Feuer und Schaffellen. Wer will, feiert hier seine Waldweihnacht, inmitten der Stadt. Den Rest macht der familiäre Service, machen die heissen Marroni und die gepflegte Auswahl an europäischen Weinen, die auch hier alle glasweise getrunken werden können. Hin zu kommen einige Leckereien wie eine Ententerrine mit Trüffel, eine Portion Greyerzer oder einfach ein Bündner Salsiz der besseren Art. Wer es opulenter mag, kann auf vorherige Anfrage im Fondue rühren und sich dem Wein und Kirsch hingeben.

Schon unzählige Gäste, die eigentlich nur auf einen Sprung vorbeikommen wollten, sind in der Weinbar, die mehr an eine Weinstube erinnert, hängen geblieben. Beat Rubitschung ist es gelungen, eine aussergewöhnliche Atmosphäre zu schaffen, die angenehm unspektakulär ist und mit wenig viel erreicht. Wer dem Alltag für einen Moment entfliehen will, sitzt hier perfekt. Drinnen am Tisch oder draussen im Wald auf Zeit.

Kurz, das Rubino und seine Aussenposten sind durchdachte, stilistisch sicher eingerichtete und doch gemütliche Stadtoasen, in denen sich der Gast verstanden fühlt. «Ich bin dankbar, dass ich das Glück habe, Gastgeber zu sein, und dass ich seit Jahren mit Manuela Buser und unserem Team erfolgreich drei Betriebe führen darf. Ja, und diverse Gäste sind mit der Zeit Freunde geworden», sagt Rubitschung. Nicht verwunderlich bei einem Gastgeber, der seine Lebensphilosophie mit einem Zitat aus Winnie-the-Pooh wie folgt umschreibt: «Welchen Tag haben wir?», fragt der Bär. «Es ist heute», quiekt Ferkel. «Mein Lieblingstag!», sagt Pooh.

Restaurant Rubino, Luftgässlein 1, 4051 Basel, 061 333 77 70, www.rubino-basel.ch
Invino-Weinbar, Bäumleingasse 9, 4051 Basel, 061 333 77 70, www.invino-basel.ch
Bistro Kunstmuseum, St.-Alban-Graben 16, 4051 Basel, 061 271 55 22, www.bistrokunstmuseumbasel.ch