10.09.2019 Salz & Pfeffer 6/2019

Erst basta, dann Pasta

Text: Claudia Hottiger – Fotos: Claudia Link
Vor fünf Jahren kehrte Punkte-Koch Dominic Lambelet der Gastronomie den Rücken – weil er enttäuscht worden war. Heute versorgt er ehemalige Berufskollegen mit Ravioli der Extraklasse.
«Fatte a mano» von A bis Z: Dominic Lambelet legt bei der Herstellung seiner Pasta viel Wert auf Handarbeit.
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«Im Herzen bin ich immer noch Gastronom 

«Er ist ein Stückchen Italianità mitten im Basler Wohnquartier, der kleine Laden mit der gelb-weiss gestreiften Store und dem farbigen Vorhang vor der Eingangstür. Einladend sind hier die Produkte präsentiert: Pasta, Wein, Olivenöl. Die grosse Blätterteigmaschine, durch die normalerweise der Pastateig rollt, steht noch still, als Dominic Lambelet durch sein Reich führt. «Das Wichtigste ist, dass man die Ravioli schnell wieder einfriert, damit die Qualität erhalten bleibt», sagt der 55-Jährige mit den kurzrasierten grauen Haaren und dem charakteristischen Bart. Die Passion, die er für sein Handwerk, seine Produkte, hat, ist sofort spürbar. In der kleinen Pasta-Manufaktur Paste Ines scheint der ehemalige Punkte-Koch angekommen zu sein. Sein Weg dahin war nicht immer leicht.

Kochen war seit jeher Lambelets Leidenschaft. Die Gastronomie habe ihn von klein auf fasziniert. «Köche waren für mich wie Piraten», sagt der Basler. Auch habe ihn sein Elternhaus kulinarisch geprägt. Trotzdem schlug Lambelet einen anderen Weg ein, studierte Kunst und Gestaltung in Zürich. Schnell merkte er, dass er in dieser Welt nicht glücklich wird. Es zog ihn in die Ferne, nach Westafrika, nach Indien und dann doch in die Gastronomie. «Das erste Mal, als ich in einer Küche stand, merkte ich, dass das ein Schnellzug ist, der an mir vorbeifährt», erinnert er sich. Lambelet wurde klar: Er musste eine Kochlehre machen. Diese absolvierte er mit 24 Jahren im Restaurant Bad Schönenbuch. «Ich habe sie da fast genötigt, mich zu nehmen.» Bis heute ist er der einzige Lehrling, den der dortige Küchenchef Michael Matter je ausgebildet hat.

Auch privat fand der Koch sein Glück in der Gastronomie, so lernte er seine Frau Astrid im Restaurant Heimelig in Bubendorf kennen. 1995 eröffneten sie gemeinsam ihre erste Beiz, die sie zwölf Jahre erfolgreich führten. Von Gault & Millau gabs für Lambelets Leistung nach zwei Jahren 13 Punkte. «Der Gundeldingerhof war unser Baby», erinnert sich der einstige Küchenchef. Leidenschaftlich erzählt er, wie er mit seinem ersten Restaurant die Alternativgastronomie in den gehobenen Bereich führte – «lustvoll, unkompliziert, mit tollen Produkten».

Dann starb seine Schwester bei einem Verkehrsunfall. Nach dem einschneidenden Moment hinterfragte der Koch alles und nahm eine Auszeit. Er reiste, bildete sich weiter, fand Inspiration in den Techniken der Molekularküche. Über ein Jahr verschwanden die Lambelets von der Bildfläche, dann übernahmen sie das Museumsbistro Rollerhof am Basler Münsterplatz. Auch das sei gut gelaufen, sagt der heutige Pastaproduzent, den Gault & Millau damals mit 14 Punkten bewertete. «Dann begann das Drama.» Die Inhaber des Gebäudes hätten andere Vorstellungen gehabt und gedacht, sie könnten Druck ausüben. «Meine rebellische Künstlerseele ertrug das nicht.» Das Gastgeberpaar wechselte. Im Basler Ackermannshof startete es ebenfalls erfolgreich – und wurde wieder von den Hausbesitzern enttäuscht. Das erneute Scheitern setzte dem Koch zu. «Ich sagte mir: Jetzt ist fertig.» Lambelet kehrte der Gastronomie den Rücken, wollte etwas Kleineres machen.

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Pasta, die Kultstatus geniesst: Entscheidend sind der hauchdünne Teig und die hervorragenden Füllungen.
Pasta, die Kultstatus geniesst: Entscheidend sind der hauchdünne Teig und die hervorragenden Füllungen.
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Klein ist der Laden mit angrenzender Küche an der Hegenheimerstrasse schon. Doch bei Paste Ines wird grosse Pasta-Kunst geboten. Die handgemachten Ravioli, Tagliatelle oder die Lasagne geniessen über die Stadtgrenzen Basels hinaus Kultstatus. Seit 40 Jahren werden die Ravioli hier nach demselben Prinzip hergestellt, das der Gründer Gianni Fenaroli anno dazumal entwickelte. «Paste-Ines-Ravioli sind einzigartig», schwärmt Lambelet. Schon als Küchenchef gehörte er zu den Abnehmern der gefüllten Teigwaren. «In einer Profiküche Ravioli dieser Qualität herzustellen, bedeutet einen enormen Aufwand», erklärt er. Deshalb sind auch heute rund 70 Prozent seiner Kunden Gastronomen. Sie schätzen die gute, konstante Qualität. Und die Handarbeit: Das einzige technische Hilfsmittel ist die Blätterteigmaschine, die den Teig besonders dünn ausrollt. Das Oldtimer-Gerät surrt auch im Hintergrund, als Lambelet von den Anfängen bei Paste Ines erzählt. Vor fünf Jahren übernahmen er und seine Frau den Traditionsbetrieb. Für den Koch damals der richtige Schritt. «Hier konnte ich kochen und Gastgeber sein, aber in einem kleineren Rahmen», sagt er. Vor allem aber arbeitet er wieder selbstständig, zieht sein eigenes Ding durch.

Doch was macht für Lambelet gute Ravioli aus? «Der dünne Teig und die hervorragende Füllung, basta», sagt er, der etwa zwei Jahre brauchte, bis er den Teig so hatte, wie er ihn sich wünschte. «Ich meinte natürlich, ich müsse alles neu erfinden.» Einmal würzte er die Spinatravioli mit Zitronenpfeffer – ein regelrechter Skandal. Neben Limone und Manzo Brasato gehört die Sorte nämlich zu den Bestsellern. An diese Rezepturen, sagt Lambelet, müsse er sich halten.

Dass er heute auf der anderen Seite steht, nicht mehr selber am Herd wirkt, sondern schweizweit ehemalige Berufskollegen mit seinen Kreationen beliefert, tut seiner Nähe zur Branche keinen Abbruch: Nach wie vor arbeitet er mit zahlreichen Köchen zusammen und entwickelt gemeinsam mit ihnen neue Sorten. Die heutige Gastroszene hält er für «sehr vielfältig». «Es ist toll zu sehen, wie viel Leidenschaft noch da ist», sagt er. Und obschon er selbst das Gastgewerbe nicht vermisst, räumt Lambelet ein: «Im Herzen bin ich noch immer Gastronom.»

Dominic Lambelet (55) erlernte das Kochhandwerk auf dem zweiten Bildungsweg im Restaurant Bad Schönenbuch. Als eigenständiger Gastronom trat er, gemeinsam mit seiner Frau Astrid, erstmals 1995 in Erscheinung: Im Basler Gundeldingerhof erkochte er sich in den ersten zwei Jahren 13 Gault-Millau-Punkte, die er bis zu seinem Abschied 2007 hielt. Im Rollerhof, dem Bistro des Museums der Kulturen Basel, in dem er von 2009 bis 2011 am Herd stand, erhielt er 14 Punkte, genau wie im Ackermannshof, ebenfalls in Basel, in dem er von 2011 bis 2013 kochte. Dann kehrte Lambelet dem Gastgewerbe den Rücken. Seit fünf Jahren stellen seine Frau und er in der Basler Kultmanufaktur Paste Ines Ravioli, Lasagne und Tagliatelle her – unter anderem für diverse Abnehmer aus der Gastronomie.

Paste Ines
Hegenheimerstrasse 128, 4055 Basel
061 381 49 17
www.paste-ines.ch