Vor zwei Jahren verliessen Sie die Spitzengastronomie und heuerten als Küchenchef der Stiftung Wagerenhof in Uster an. Was reizte Sie an der Stelle?
Kurt Röösli: Mir gefiel der dörfliche Charakter des Heims, das sich auf viele kleine Gebäude verteilt. Die Bewohner arbeiten in der Gärtnerei und auf dem Bauernhof mit. Diese Nähe zur Landwirtschaft erinnerte mich an meine Kindheit im Entlebuch. Man nimmt ab, was es gibt, und es wird nicht diskutiert.
Was, wenn die Qualität nicht stimmt?
Der heisse Sommer war nicht ideal für die Kartoffeln. Wir hatten viele Käfer. Da muss man die Knollen halt kochen und ihnen die Augen rausziehen. Das bedeutet zwar mehr Aufwand und Rüstabfälle, aber auch mehr Herz und Geschmack. In der Natur wie auch im Leben ist eben nicht immer alles gerade und perfekt.
Wie weit wollen Sie die Philosophie der Selbstversorgung treiben?
Mittlerweile nehmen wir der Gärtnerei und dem Hof den gesamten Ertrag ab. Gemüse, Früchte, Fleisch, Milch, Eier und seit Neuem auch Urdinkel und anderes Getreide, aus dem wir Mehl machen. Im Mai hat die Stiftung mit dem Schlosshügel zusätzliches Land gepachtet, auf dem Lämmer weiden und Apfelbäume, Beeren und Kräuter wachsen. Wir wollen noch ausbauen, einen Selbstversorgungsgrad von 100 Prozent werden wir aber nie erreichen.
Was passiert mit der überschüssigen Ernte?
Wir hatten dieses Jahr sehr viele Zwetschgen, die wir zu Kompott, Wähen und Chutney verarbeiteten. Ist zu viel Milch da, machen wir Frischkäse. Sind die Erdbeeren zu wässrig, dörren wir sie oder machen Gelee daraus. Genau das sind doch die Fragen, die den Kochberuf so spannend machen.
Das muss man sich auch leisten können.
Ganz im Gegenteil. Die Produkte sind nicht teurer, weil wir sie direkt vom Hof kaufen und die Abnahme garantieren.