
Sie ist die Neuentdeckung des Jahres 2025. Mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet und mit zwei ehemaligen Disfrutar-Köchen am Werk. Wohin steuert die Sommerlust?
Alejandro Pérez Polo: Wir haben hier ein klares Ziel, und das ist der zweite Stern. An diesem wunderschönen Ort mit dem Garten und dem nahe gelegenen Rhein haben wir alles, damit das Abenteuer weitergehen kann. Wir verfolgen unseren Weg und der führt hoffentlich zu einem zweiten Stern. Der ist nicht nur für die Sommerlust wichtig, sondern nicht zuletzt auch für die Stadt Schaffhausen.
Um dieses Ziel zu erreichen, braucht es auch eine ausgezeichnete Pâtissière. Das ist Ihre Rolle in der Küche, Katiuska Villalba.
Katiuska Villalba: Genau. Man spricht immer über die salzigen Gänge, das Dessert verkommt dabei oft zur Nebensache. Alles, was ich kreiere, ist haus- und handgemacht. Und ich rede ohne Unterbruch mit Alejandro und Dan, damit das Menü ein stimmiges Ganzes wird.
Dan Rodriguez-Zaugg: Bei uns hat alles eine Linie, von den Snacks bis zu den Friandises. In manchen Lokalen harmoniert das Dessert nicht mit dem Rest, uns ist das aber sehr wichtig. Bei uns gibt’s beispielsweise einen Gang mit Gartenerbsen, die hat dann Kati auch im Dessert aufgenommen – als Glace.
Vieles in Ihren Menüs erinnert an die molekularen Vorreiter um Ferran Adrià. Ist das Ihre Religion?
Rodriguez-Zaugg: Ich bin von uns allen der grösste Fan von Ferran. Was er mit seinem Küchenstil erreicht hat, finde ich einfach grossartig. Ohne ihn als Vorbild hätte ich vielleicht sogar einen anderen Beruf gewählt. In meiner Ausbildungszeit im Disfrutar, dem Nachfolgerestaurant des El Bulli, habe ich so unbeschreiblich viel gelernt. Ich habe Ferran nonstop beobachtet, um aufs nächste Niveau zu kommen.
Pérez Polo: Es war ja nicht nur Ferran, sondern die ganze Equipe. Sie haben unsere Sicht auf die Küche komplett verändert, uns die Augen geöffnet, was neue Techniken anbelangt. Alles, was wir zuvor kannten, war klassisch französisch. Diese Köche überlegten sich: Wie können wir Essen so präsentieren, wie es noch nie jemand getan hat? Beispielsweise die Espumas, wie sie heute gang und gäbe sind, wurden im El Bulli erfunden. Oder die Conchiermaschine haben sie umfunktioniert, um darin ganz andere Zutaten als Kakao zuzubereiten.
Rodriguez-Zaugg: Sie haben sich auch überlegt, wie man den Gästen mehr Sachen servieren könnte und haben die Gänge verkleinert. So ist das Degustationsmenü entstanden. Davor gab es 40 Jahre lang Butter und Brot vor dem Essen, jetzt sind es Snacks. Das Parmesan-Sandwich, welches wir hier servieren, ist eine Hommage ans El Bulli. Es stammt aus dem Jahr 1997.
Villalba: Wir kochen hier nicht, um den Magen zu füllen. Das kannst du auch daheim tun. Wir haben einen durchdachten Plan, einer mit vielen Perspektiven. Wir wollen überraschen.
Viele halten die Molekularküche für eine unnütze Spielerei. Geschmack oder Optik – was kommt zuerst?
Rodriguez-Zaugg: Ganz klar der Geschmack, dann die Textur und die Technik.
Villalba: Unbedingt. Ich folge auf Instagram einem Pâtissier, der im Mezzaluna in Bangkok arbeitet. Seine Desserts sehen wahnsinnig schön aus, aber ich wollte wissen, ob sie denn auch gut sind. Er hat mir ein ganzes Menü, das nur aus Desserts bestand, zubereitet. Und tatsächlich war jede einzelne der sieben Nachspeisen fantastisch.