04.02.2019 Salz & Pfeffer 1/2019

Filmreif

Text: Delia Bachmann – Fotos: Jürg Waldmeier
Die Desserts, die Kay Baumgardt im Gasthaus zur Fernsicht auf den Teller zaubert, bleiben noch lange in Erinnerung. Im neuen Jahr möchte er, der sein ganzes Herzblut in die Patisserie steckt, junge Leute für den Beruf begeistern.
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Pastinake, Haselnuss, Apfel, Petersilie
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Der Schluss muss knallen, im Kino wie auch in der Küche. Das sieht auch Kay Baumgardt so: «Es wäre schlecht, wenn sich die Gäste schon auf dem Parkplatz nicht mehr daran erinnern können, was sie gegessen haben.»

Im Gasthaus zur Fernsicht in Heiden, in dem Baumgardt seit zwei Jahren als Chefpatissier an der Seite von Tobias Funke steht, ist das ein eher unwahrscheinliches Szenario. Denn die Desserts, die der 36-Jährige fürs Gourmetrestaurant Incantare kreiert, setzen mit unkonventionellen Zutaten wie Gruyère, Pastinake oder Trüffel ein fettes Ausrufezeichen hinter das Menü und brennen sich mit neuen, fein austarierten Geschmäckern ins Gedächtnis der Gäste ein.

Gerne geht Baumgardt auch persönlich an die Tische, um seine Kreationen zu erklären.Das klingt dann etwa so: «Mit unseremneuen Dessert will ich zeigen, wie süss die Pastinake sein kann.» Anstatt einfach Zucker zuzugeben, kocht er das Wurzelgemüse stundenlang ein und kitzelt so das Maximum an Süsse raus. Der Trend zum Gemüse im Nachtisch mag in die Jahre gekommen sein, verleidet ist er Baumgardt nicht. Dafür gibt es noch zu viel zu entdecken und zu kombinieren.

So arbeitet er aktuell an einem Dessert mit roten Zwiebeln, könnte sich aber auch eines mit Lauch oder Haferwurzeln vorstellen: «Heute denke ich mehr darüber nach, wie ich ein Dessert rund mache und welche Kombinationen es gibt, die neu, aber nicht so freaky sind, dass sie nicht mehr schmecken.» Während er die Pastinakenkreation in zwei Tagen auf dem Teller hatte, brauchte er fürs Trüffeldessert sechs Wochen: «Wie ein Baby wurde es immer grösser, bis es irgendwann fertig war.»

Mit Babys kennt sich Baumgardt inzwischen bestens aus. Letzten Sommer wurde er erstmals Vater einer Tochter: «Seither gehe ich auch mal nach Hause, wenn wenig los ist.» Gedanken macht sich Baumgardt aber nicht nur über den eigenen Nachwuchs, sondern auch über den der Branche: «Die Jugend macht einen Bogen um die Gastronomie und einen noch grösseren um die Patisserie.»

In diesem Jahr möchte er darum einen Patisserielehrling ausbilden, Kurse geben und so den einen oder anderen für den Beruf begeistern, in den er sein ganzes Herzblut steckt. Nicht anders war es bei ihm, dem gelernten Bäcker: «Ich hatte Leute, die viel in mich investiert und mir auch einmal einen Tritt in den Allerwertesten gegeben haben.»

Gasthaus zur Fernsicht
Seeallee 10, 9410 Heiden
071 898 40 40
www.fernsicht-heiden.ch

Marroni, schwarzer Trüffel, Birne
Marroni, schwarzer Trüffel, Birne
Schokolade, Gruyère, Holunderbeere, Kakao
Schokolade, Gruyère, Holunderbeere, Kakao

Pastinake, Haselnuss, Apfel, Petersilie

Haselnussküchlein
200 g Butter | 110 g Muscovado-Zucker | 4 Eier | 150 g Haselnüsse, geröstet und gemahlen | 50 g Mehl | 1 g Salz

Butter mit dem Zucker schaumig schlagen, Eier nach und nach beigeben. Mehl, Haselnüsse und Salz hinzufügenund zu einer homogenen Masse schlagen. Bei 175 °C für zirka 13 Minuten backen.

Gestockte Pastinakencrème
600 g Pastinakenpüree (abgeschmeckt) | 60 g Milch | 5 g Limettensaft | 4,7 g Agar-Agar

Alles zusammen in einen Topf geben und unter ständigem Rühren zum Kochen bringen. Sofort auf das Haselnussküchlein giessen und kalt stellen.

Apfelgel
200 g Apfelpüree (passieren) | 200 g frischer Apfelsaft (Granny Smith) | 3 g Agar-Agar | 4 g Gellan | Salz | Limette | Tabasco | grüne Farbe

Alles zusammen aufkochen. Abkühlen lassen und glatt mixen.

Petersilienöl
200 g Sonnenblumenöl | 2 Bund Petersilie

Alles in den Thermomix geben und bei voller Kraft bis 80 °C 15 Minuten mixen lassen. Das Öl durch ein Sieb geben und sofort auf Eis kühl stellen.

Petersilienknusper
40 g Eiweiss | 2 g Albumin | Salz | Petersilienpulver

Eiweiss mit Albumin und etwas Salz aufschlagen. Dünn auf eine Silpat-Matte streichen und mit dem Petersilienpulver bestäuben. Zirka zwölf Stunden dehydrieren.

Schokolade, Gruyère, Holunderbeere, Kakao

Schokoladenring
75 g Rahm | 75 g Eiweiss | 20 g Kokosblütenzucker | 120 g Centenario-Crudo-Couverture von Felchlin | 2 ½ Blatt Gelatine

Die Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Das Eiweiss mit dem Zucker aufschlagen und beiseite stellen. Den Rahm mit etwas Salz aufkochen, die Gelatine vorsichtig einrühren und sofort die Schokolade beigeben. Die Masse unter das Eiweiss heben und gleichmässig in die vorbereiteten Formen füllen.

Gruyère-Espuma
90 g Gruyère | 230 g Milch | 2 Blatt Gelatine | 0,7 g Iota (Pro Panna Cotta) | ein Spritzer Tabasco

Die Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Die restlichen Zutaten in den Thermomix geben, bei 80 °C acht Minuten auf Stufe vier laufen lassen. Dann die Gelatine beigeben. Anschliessend die Masse in einen Rahmbläser füllen und auskühlen lassen. Vor dem Servieren kurz unter heissem Wasser oder im Wasserbad vorsichtig auf Temperatur bringen und mit einer Kartusche laden. Ordentlich schütteln.

Joghurtgel
250 g Milch | 8 g Joghurtpulver | 4,2 g Agar-Agar | Salz | Limette

Milch, Salz und Limettensaft mit dem Agar-Agar aufkochen und eine Minute köcheln lassen. Die ausgekühlte Masse im Thermomix mit dem Joghurtpulver glatt mixen.

Käsecrème
100 g Gruyère | 3 Eier | 25 g Rahm | weisser Portwein

Den Käse fein reiben. Alle Zutaten in den Thermomix geben und sieben Minuten bei 70 °C auf Stufe sechs laufen lassen. Kühl stellen und vor Gebrauch glatt rühren.

Kakaobohnensorbet
270 g Kakaobohnen | 200 g Wasser | 320 g Milch | 110 g Rahm | 90 g Vollrohrzucker | 20 g Basic Textur | Salz

Wasser, Milch, Rahm, Zucker und Salz auf 80 °C erwärmen. Die Kakaobohnen rösten und zugeben, danach zwölf Stunden ziehen lassen. Ganz kurz anmixen, durch ein Passiersieb geben und das Basic einmixen. Die Masse in Pacossierbecher verteilen und zwei Löffel Kakaobohnen dazugeben. Bis zum Gebrauch einfrieren.

Eingelegte Holunderbeeren
150 g frischen, schwarzen Holundersaft | 25 g geröstete Kakaobohnen | Limette | Salz | Rohrzucker | Holunderessig | 3 Bund schwarzer Holunder

Die Holunderbeeren vorsichtig von den Ästchen lösen. Die restlichen Zutaten aufkochen und abschmecken. Die Holunderbeeren beigeben und ziehen lassen.

Marroni, schwarzer Trüffel, Birne

Marronikugel
250 g karamellisiertes Marronipüree | 40 g Inulin | 15 g Rohrzucker | 25 g Rahm | 75 g Eiweiss | 2½ Blatt Gelatine

Gelatine in kaltem Wasser einweichen. Eiweiss aufschlagen, das Inulin mit dem Rohrzucker mischen und langsam zum Eiweiss beigeben. Gelatine auflösen und zum Püree beigeben. Vorsichtig, aber rasch das Eiweiss und den geschlagenen Rahm unterheben.

Birnengel
300 g frischer Birnensaft | 1,8 g Agar-Agar | 1,8 g Gellan | Limettensaft | Salz | Mineralwasser

Alles zusammen aufkochen, abkühlen lassen und glatt mixen.

Marronichip
200 g Marronimasse | 2 g Xanthan | 25 g Rohrzucker | 20 g Isomalt-Zucker | 10 g Glucosepulver

Die Marronimasse mit dem Xanthan mixen. Restliche Zutaten beigeben. Alles im Thermomix bei 70 °C zwölf Minuten auf Stufe vier mixen. Masse auskühlen lassen. Dünn auf eine Matte streichen und bei 90 °C im Ofen trocknen. Danach im Dehydrator weiter trocknen.

Birnenespuma
250 g Birnenpüree | 20 g Joghurt | 10 g Rahm | 1 ½ Blatt Gelatine | Rohrzucker | Salz | Birnenschnaps

Alles in den Thermomix geben. Die eingeweichte und auf-gelöste Gelatine beigeben.

Marronipopcorn
250 g Marroni, gegart | 190 g Wasser | 120 g Apfelsaft | Salz | Honig | etwas Joghurt

Alles zusammen sehr fein mixen. Zirka sechs Stunden ruhen lassen. In einen Rahmbläser füllen und vorsichtig in Stickstoff spritzen. Mit einer Kelle das Popcorn zerkleinern.

Schwarzes Trüffelglace
700 g Milch | 40 g schwarzer Trüffel | 45 g Rahm | 75 g Crème fraîche | 145 g Zucker | 65 g Eigelb | ½ Dose Trüffeljus

Die Milch mit dem schwarzen Trüffel leicht erwärmen und zirka eine Stunde ziehen lassen. Alle Zutaten in den Thermomix geben und bei Stufen vier auf 80 °C erhitzen. Bei Bedarf etwas nachschmecken.