«Motivierte Leute sind der Schlüssel.»
Sie haben sehr jung eine Laufbahn in der Gemeinschaftsgastronomie eingeschlagen. Warum?
Nathi Hänni-Stupf: Wegen meinem Mann. Er ist Lokführer, und wenn ich in der À-la-carte-Gastronomie geblieben wäre, hätten wir schlicht keine gemeinsamen Abende gehabt. Mit meinem Job in der Gemeinschaftsgastronomie können wir zumindest dann abends Zeit zusammen verbringen, wenn er Frühdienst hat.
Haben Sie mit diesem Schritt gehadert?
Durchaus, ja. Ich mochte den Rhythmus im À-la-carte-Bereich sehr; mit diesen kurzen, intensiven Zeitfenstern beim Mittag- und Abendservice, in denen ich so richtig Gas geben musste, alles rundherum ausblendete und den totalen Tunnelblick hatte. In der Gemeinschaftsgastronomie erlebe ich schon ein bisschen weniger Spannung.
Welche Pläne hätten Sie beruflich denn ursprünglich gehabt?
Ein eigenes Restaurant war immer mein Traum – und ist es nach wie vor. Ich halte in der Region Thun auch etwas Ausschau. Es müsste ein kleines Lokal sein, mit vielleicht 15 Plätzen. Zwei Köche, ein guter Service, das wärs. Aber so etwas geht halt oft unter der Hand weg und ist nicht so einfach zu finden. Die Sterne-Gastronomie hätte mich zum Reinschnuppern auch gereizt, auf einem fixen Posten wollte ich da allerdings nie stehen, das wäre mir zu eintönig. Deshalb passt die Stelle hier in der Senevita Dorfmatt gut zu mir.
Inwiefern?
Der Job bringt eine gewisse Vielfalt mit sich, die mir gefällt. Wir kochen hier nicht nur für die Menschen auf der Pflegeabteilung und vom betreuten Wohnen, sondern haben im Restaurant ein wirklich gutes À-la-carte-Angebot, für das die Gäste von auswärts tatsächlich auch kommen. Diese Durchmischung des Publikums schätze ich sehr. Dazu kommt die Abwechslung beim Kochen: Wir können hier nicht einfach auf ein Menü setzen, das über längere Zeit auf der Karte steht, sondern müssen uns ständig etwas Neues einfallen lassen. Schliesslich dürfen wir manche Leute jeden Tag bekochen, sie sind hier zu Hause. Umso wichtiger ist es, dass wir für sie ein breites Angebot auf die Beine stellen. Schön finde ich auch, dass alte Menschen – wie Kinder – sehr ehrlich sind. Wir bekommen entsprechend schnell und direkt Feedback.
Worauf müssen Sie bei der Komposition Ihrer Gerichte schauen?
Ein Thema für die Bewohnerinnen und Bewohner des Hauses ist sicher die Bissfestigkeit. Wir achten darauf, ihnen das Gemüse nicht mehr allzu knackig aufzutischen. Ein anderer Punkt ist, dass ältere Menschen oft zu wenig Eiweiss zu sich nehmen. Deshalb reichern wir gewisse Gerichte an, geben zum Beispiel in einen Kartoffelstock nicht nur Butter, sondern auch Frischkäse. Das ist in der Verpflegung von Betagten wichtig; sie essen meist sehr kleine Portionen, mit Vorliebe die Stärkebeilage, und sind danach schon satt.
Zugleich ist das Restaurant in der Senevita Dorfmatt über Mittag auch für externe Gäste offen – und gut besucht. Was ist Ihr Erfolgsrezept?
Wir sind sehr stolz, dass wir das À-la-carte-Lokal seit der Eröffnung im Mai letzten Jahres etablieren konnten und inzwischen eine treue Stammkundschaft haben. Unser Ziel als Küchenteam ist es nun, das Restaurant jeweils donnerstags, freitags und samstags auch abends zu öffnen – mit einer kleinen Karte und einem Gourmetmenü in sechs Gängen. Das wäre so schön! Momentan befinden wir uns dafür in der Aufbauphase, und wenn alles gut läuft, können wir vielleicht im ersten Quartal 2024 starten. Damit der Betrieb auch als öffentliches Restaurant funktioniert, müssen wir meiner Meinung nach in erster Linie mit der Zeit gehen und von der Altersheimküche im herkömmlichen Sinn etwas wegkommen. Im Prinzip führen wir zwei Karten: eine Menükarte, aus der auch unsere Bewohnerinnen und Bewohner wählen können, und eine grössere Saisonkarte fürs öffentliche Publikum, dem wir uns moderner und mit mehr kulinarischen Spielereien präsentieren. Diese Spannbreite braucht es.
Und wie schaffen Sie den Spagat personell?
Motivierte Leute sind der Schlüssel: Mein Team in der Küche ist Gold wert. Meine Mitarbeitenden leben, was mir wichtig ist – nämlich die Liebe zum Kochen und die Liebe zum Detail. Ich bin überzeugt: Wenn ich zum Beispiel einen Braten zubereite, muss ich diesen vorher schön massieren und ihm die Zuneigung geben, die er verdient. Wenn ich zum Fleisch gut schaue und ihm die Zeit zugestehe, die es braucht, habe ich am Ende ein tolles Resultat. Das zählt für mich – nicht, dass ich um Punkt fünf Uhr Feierabend habe. Mein Team zieht da voll mit.