«Die Kommunikation in der Küche lehnt sich stark an die Grundsätze der Führung der Armee an.»
Sie behaupten, man esse nirgends schweizerischer als in der Armee. Weshalb?
Daniel Marti: Es sind Schweizer, die das Essen zubereiten, und es sind Schweizer, die verpflegt werden. Wir sind, wie soll ich sagen, ein eigener Mikrokosmos und verkörpern die Schweiz nach innen und aussen. Ich habe mich bei unseren Küchenchefs umgehört und gefragt, was denn für sie eine typische Schweizer Kost sei.
Und?
Sie haben Gerichte aufgezählt, die alle auch im Kochbuch der Schweizer Armee aufgeführt sind, etwa Eintöpfe, Braten, Sauerkraut, gedörrte Bohnen. Also mehrheitlich Gerichte und Beilagen, die man heutzutage zu Hause nicht mehr unbedingt täglich kocht, aber in der Armee kennenlernt.
Wie beliebt sind denn gedörrte Bohnen und Sauerkraut?
Nicht so beliebt wie Hamburger, Pasta, und Pizza. So etwas kochen wir natürlich auch. Trotzdem bin ich überzeugt, dass sich manch ein Mann an seine Zeit in der RS erinnert, wenn er später in seinem Leben wieder einmal Sauerkraut isst. Wir haben einen Anteil von rund zehn Prozent Secondos in der Rekrutenschule, man kann davon ausgehen, dass sie zu Hause nicht klassisch schweizerisch essen, dies aber in der Armee kennenlernen.
Die Armee verkörpert eine strenge Tischkultur. Hier wird noch gefrühstückt.
Das ist richtig. Beim Frühstück muss jeder anwesend sein. Es gibt Flocken, Käse, Fleisch, Joghurt, Kakao und Brot – also ein klassisches Continental-Frühstück. Diese Art zu frühstücken wird als typisch schweizerisch empfunden.
Wie geht die Armee mit den Essgewohnheiten von Vegetariern, Muslimen oder Allergikern um?
In der Kaserne haben wir jeweils ein Standardmenü, das mit einem kleinen Salatbuffet, Suppe und oft mit einem Dessert ergänzt wird. Wenn es die Situation und das Arbeitsprogramm erlauben, gibt es zusätzlich ein ovo-lakto-vegetabiles Alternativmenü. Grundsätzlich gehen wir aber davon aus, dass der Muslim oder der Vegetarier rund ums Fleisch herum essen kann, ohne eine Einbusse der notwendigen Nährstoffe zu haben.
Der Convenience-Grad in der Armee-Küche ist relativ hoch.
Ja, und zwar schlicht aus dem Grund, dass ein Truppenkoch für die Zubereitung von 50 Mahlzeiten gerechnet wird. Wir kochen kaum mehr mit Rohprodukten, sondern lassen uns etwa die Kartoffeln geschält anliefern. Auch das Fleisch wird portioniert und pfannenfertig vorbereitet eingekauft. Ich würde sagen, die meisten Produkte beziehen wir in der Bearbeitungsstufe zwei oder drei.
Trotzdem kauft die Schweizer Armee bei regionalen Produzenten ein.
Ja, den Einkauf für den Wiederholungskurs, der oft in den Gemeinden stattfindet, tätigen wir wenn immer möglich bei den ortsansässigen Produzenten. Damit erhalten die Fouriere und Küchenchefs die Möglichkeit, regionaltypische Produkte zu kaufen, etwa eine Tessiner Wurst Luganighetta oder eine Glarner Pastete. In den Rekrutenschulen hingegen werden die über 1000 Mahlzeiten in einem zentralen Verpflegungszentrum zubereitet. Dort sind wir auf Lieferanten angewiesen, welche diese grosse Menge täglich auf Platz liefern können.