Ich suche nach Lebensmitteln, die ich auch mal lassen kann, wie sie sind
Sie stehen zurzeit viel am Herd und machen einen sehr fokussierten Eindruck. Der täuscht nicht, oder?
Sebastian Rösch: Wir befinden uns in der Gourmetgastronomie in einer Blase, in der wir uns voll darauf konzentrieren dürfen, was wir gern tun. Das ist grossartig, und ich habe das Glück, dass meine Freundin dafür Verständnis hat. Ich wollte immer vorankommen und lernen – solange ich so intensiv arbeiten mag. Das ist nicht nur eine körperliche Frage, sondern auch eine der Lebensumstände. Momentan kann und darf ich hier rund um die Uhr stehen, wenn ich will.
Im Mesa starteten Sie mit einem komplett neuen Team. Wie läufts?
Meine Crew ist grossartig. Am Anfang war mir wichtig, den Druck von meinen Jungs zu nehmen: Ich schrieb die Rezepte bis ins Detail und erledigte die Büroarbeit nachts. Natürlich kann ich als Chef nicht mehr nur kochen und habe zusätzliche Aufgaben, aber ich möchte präsent sein. Ich prüfe jeden Teller, bevor er rausgeht. Das ist auch für die Köche gut: Sie wissen, dass der Alte nochmals draufguckt. Alles in allem: Wir arbeiten sehr intensiv am Herd, klar, aber ich erkläre meinen Mitarbeitern auch, warum wir das tun.
Warum denn?
Weil wir als Team etwas erreichen möchten. Wir dürfen mit tollen Lebensmitteln arbeiten: Ob das jetzt die Gurke ist oder das Rosenmark oder das Fleisch. Da fanden Inhaberin Linda Mühlemann und ich bei meiner Einstellung einen gemeinsamen Nenner: mit Topprodukten zu kochen. Dieses Privileg sollen meine Leute sehen. Sie dürfen sich auch einbringen, mir was zeigen. Natürlich kann nicht jeder machen, was er will, das muss schon seine Ordnung haben, aber ich bin offen für Vorschläge. Meine Jungs sind Mitarbeiter: Die arbeiten mit, nicht ab. Und wer das Gefühl hat, es gebe nur einen Ansatz, der hat das Kochen nicht verstanden.
Ihr Ansatz heisst: Mut zur Lücke.
Das ist ein Punkt, ja. Ich überlege mir gern, was ich auf einem Teller weglassen kann. Das ist schwieriger, als eine weitere Komponente auf den Teller zu packen oder noch eine Technik einzubauen. Ich möchte nicht, dass der Eindruck entsteht, ich sei ein junger Koch, der bloss zeigen will, was er alles kann. Über diesen Punkt bin ich hinaus; ich habe schon einige Stationen absolviert und weiss, dass ich das nicht brauche.
Was brauchen Sie dann?
Meine grösste Challenge ist es zurzeit, weitere Produzenten zu finden, mein Netzwerk auszubauen. Ich suche nach Lebensmitteln, die ich auch mal lassen kann, wie sie sind, möchte nicht unbedingt 20 Sachen und zig Texturen auf dem Teller, sondern den puren Geschmack. Wenn das passende Produzenten lesen, wäre es also schön, sie würden sich melden: Meine Türen stehen offen. Auch für die Gäste übrigens: Ich begrüsse es sehr, wenn sich diese trauen, mal in die Küche hereinzuschauen. Schliesslich hoffe ich, dass die Leute eines Tages sagen werden: Das hier ist ein Glücksfall für Zürich. Für mich ist es das jetzt schon.