«Wenn wir wollen, dass sich Jugendliche für den Kochberuf interessieren, müssen wir sie früh genug abholen.»
Im Rahmen Ihres Projekts «Kids, ab an den Herd» laden sie Kinder und Jugendliche in Ihre Restaurantküche ein oder besuchen sie in der Schule. Das Ziel: gemeinsam kochen. Was hat Sie dazu bewogen?
Rolf Caviezel: Einerseits will ich aufrütteln: In der Gastronomie fehlt uns der Nachwuchs, wir müssen etwas tun. Wenn wir wollen, dass sich Jugendliche für den Kochberuf interessieren, müssen wir sie früh genug abholen. Andererseits will ich mit den Kursen der Entwicklung entgegenwirken, die an den Schulen stattfindet: Das Fach Hauswirtschaft verschwindet zusehends oder befasst sich nur noch mit Theorie, kaum mehr mit Kochen. Ich behaupte aber, Kochen sollte in der Schule mindestens so wichtig sein wie Sport.
Warum?
Seit Projektbeginn habe ich 25 Kurse durchgeführt. Nachdenklich stimmt mich, wie viele Kinder und Jugendliche im Hinblick auf Nahrungsmittel den Kontakt zur Basis verloren haben: Die haben keine Ahnung, was ein Kopf- oder ein Eisbergsalat ist. Sie hatten ja auch nie die Gelegenheit, es zu lernen. Viele Eltern sind beruflich stark ausgelastet, zum Kochen bleibt keine Zeit, man drückt sich ein Sandwich rein. Das hat Auswirkungen auf die Gesundheit der Kinder und die der Gesellschaft, es geht aber auch etwas anderes verloren: Essen ist ein Stück Kultur und gleichzeitig sozialer Kitt – was verbindet Menschen mehr als, als gemeinsam zu kochen und zu essen? Wenn solche Rituale zu Hause nicht stattfinden, ist es umso wichtiger, dass die Schule sie aufgreift. Sonst haben Kinder keine Chance, den richtigen Umgang mit Lebensmitteln zu lernen – und der ist wichtig, auch im Hinblick auf Umwelt- und andere Probleme, die die Welt beschäftigen.
Was erwartet die Kinder im Rahmen Ihrer Kochkurse?
Zuerst ein bisschen Theorie – ich halte etwa ein Gemüse auf und frage, welches Produkt das ist. Saisonale Themen und die Nähe zum Produzenten spielen dabei eine wichtige Rolle. Dann gehts ans Eingemachte: In Gruppen kochen wir jeweils drei Gänge, ohne Rezepte und mit viel Spass. Die kindliche Experimentierfreude soll nicht zu kurz kommen, darum baue ich gerne Elemente der Molekularküche ein. Wir machen beispielsweise essbare Perlen, verschiedene Pulver oder Glace mit Stickstoff. Das kommt bei den Kindern super an, und ich freue mich, dass sie hautnah erleben, wie viel Kochen mit Forschen zu tun hat. Andere wichtige Themen wie etwa Foodwaste lassen sich nebenher ganz anschaulich vermitteln: Zum Beispiel machen wir aus Rüeblischalen eine Bouillon oder verarbeiten Eierschalen zu Kreide.