«Meine Küche soll punkto Technik und Kombination weltoffen bleiben.»
Im Restaurant Schöngrün führten Sie eine Brigade, im Wein & Sein starteten Sie als Alleinkoch. Was entspricht Ihnen besser?
Simon Sommer: Das ist schwierig zu sagen. Es hat beides seine schönen Seiten. Im Schöngrün hatte ich nicht mehr den Auftrag, jeden Tag Mise-en-Place-Arbeiten zu verrichten. Die Organisation und Koordination standen im Vordergrund. Ich entwarf Menüs, kümmerte mich aber auch um den unschönen Teil: die Kalkulation und solche Geschichten. Es war eine Riesenchance, ich musste mich einarbeiten und konnte viel lernen. Aber ich stehe definitiv lieber in der Küche.
Kalkulieren müssen Sie jetzt nicht mehr?
Nicht mehr so streng. Im Schöngrün haben wir jedes Rezept notiert und aufs Gramm runtergerechnet. Ich hatte zehn Köche unter mir und wollte alles eins zu eins weitergeben. Die Rezepte waren für mich ein wichtiges Führungstool. Jetzt notiere ich mir zwar, was ich koche, und schaue, dass die Kosten im Rahmen bleiben, aber ich rechne für eine Vinaigrette nicht mehr den Preis pro Person aus.
Hat sich Ihre Küche im Wein & Sein verändert?
Prinzipiell schon. Als ich hier anfing, hatte ich den Anspruch, wieder stärker am Herd zu stehen. Ich fragte mich damals, obs all die Komponenten auf dem Teller wirklich braucht. Ich wollte meine Gerichte reduzieren, dafür mehr in die Tiefe gehen. Hier bin ich aus Zeitgründen sowieso darauf angewiesen. Uns fehlen schlicht die Hände, um Gänge mit 20 Komponenten rauszuschicken.
Auch reduzierte Gerichte können aufwendig sein.
Es ist eine spannende Herausforderung. Ich muss mir im Vorfeld Gedanken machen, was logistisch überhaupt möglich ist. Ob ich es so, wie ich es im Kopf habe, auch auf den Teller kriege. Allein schon deshalb unterscheidet sich meine Küche hier von dem, was wir im Schöngrün gemacht haben.
Für welche Küchen interessieren Sie sich?
Die japanische Küche ist sehr spannend, einfach weil die Japaner Spinner sind. Sie ist sehr reduziert und extrem auf den Punkt gebracht. Sonst ist mir das klassische Handwerk wichtig. Ich mache gerne deftige Gerichte, da fliesst meine deutsche Herkunft genauso mit rein wie die französische Küche, so wie man sie halt lernt. Aber eigentlich will ich mich gar nicht unbedingt auf einen Stil festlegen. Meine Küche soll punkto Technik und Kombination weltoffen bleiben, einfach mit der Voraussetzung, dass ich meine Ware von da hernehme, wo ich koche.
Aber die Gourmetküche ist Ihr Ding?
Definitiv. Während meiner Lehre durfte ich mal eine Woche bei Alexandro Pape im Hotel Fährhaus reinschnuppern. Von da an war ich angefixt. Es hat mich tierisch fasziniert. Der riesige Aufwand, der hinter so einer Art zu kochen steckt, die Detailverliebtheit und auch die Produkte. Im Fährhaus spürte man eine Leidenschaft, die Leute hatten einfach Spass an der Arbeit. Ich sagte mir damals: So will ich arbeiten, mit Menschen, die den gleichen Anspruch an sich selbst haben, etwas Schönes zu erschaffen.