«Als ich zu Philippe Rochat wollte, nützte mir der Name Kalberer gar nichts.»
Wurde Ihnen das Kochen in die Wiege gelegt?
Roger Kalberer: Ich bin in einem Restaurant aufgewachsen, ja. Trotzdem wollte es mein Vater nicht wirklich wahrhaben, als ich ihm mitteilte, dass ich Koch werden möchte. Er schickte mich dann zu Georges Wenger, zu Franz Wiget und zu Klaus Schatzmann in die Schnupperlehre.
Diese Köche haben oder hatten alle mindestens 17 Punkte.
Und mir gefiel es überall. Ich fasste daraufhin den Plan, die Kochlehre in der Romandie zu absolvieren. Für mich ist die französische Küche die Basis des Kochens. Wenn man kein Französisch spricht, versteht man diese Küche nicht. Und um schon mal die Sprache zu lernen, machte ich auch die dritte Sekundarschule in der Westschweiz.
Das ist ziemlich mutig.
Ich war schulisch recht gut und absolvierte das Progymnasium. Mein Lehrer sowie der Schulrat waren damit einverstanden. Allerdings war das Jahr dann sehr streng. Fächer wie Buchhaltung und Informatik auf Französisch zu bestehen, war anspruchsvoll. Ich lernte extrem viel, musste das Ganze aber zuerst einmal verarbeiten und absolvierte die Kochlehre dann doch im deutschsprachigen Raum bei Klaus Schatzmann in Triesen.
Hat man es als Sohn eines bekannten Kochs einfacher?
Klar, mein Vater und Klaus Schatzmann kannten sich natürlich. Aber später, als ich zu Philippe Rochat wollte, nützte mir der Name Kalberer gar nichts. Rochat sagte damals, ich könne schon zur Probe arbeiten kommen, aber erstens würden Deutschschweizer nie durchhalten, zweitens würde ich durch die Hölle gehen müssen und letztlich entscheide nicht er, sondern die mehrheitlich aus Franzosen bestehende Brigade, ob ich bleiben könne. Ich ging dann eine Woche arbeiten und durfte tatsächlich bleiben.
Was war entscheidend?
Ohne meine Französischkenntnisse hätte ich keine Chance gehabt. Ich blieb zwei Jahre in Crissier und war immer der einzige Deutschschweizer.
Es heisst, Sie fuhren jedes Wochenende nach Hause.
Stimmt. Im Restaurant sagten sie immer, ich tue das aus Heimweh. Ich hatte damals ganz einfach eine Freundin in Mels, brauchte aber auch einen Platz, um abzuschalten. In Crissier ging ich morgens früh raus und kam spätabends nach Hause. Ich arbeitete wirklich viel und kriegte extrem viele Eindrücke. Wenn ich am Wochenende diesen Ausgleich nicht gehabt hätte, wäre ich vielleicht nie so lange geblieben.
Was lernten Sie in Crissier?
Disziplin, Organisation und den klassischen Aufbau halt. Dass man zum Beispiel die Knochen für einen Jus richtig röstet, saubere Grundsaucen kocht und so weiter. Rochat war zu mir wie ein strenger Vater. Man musste einfach seine Arbeit richtig machen, dann ging es gut. Es war eine sehr spannende Zeit. Rochat sagte damals, ich würde besser noch fünf bis sechs Jahre bei ihm bleiben.
Aber Sie kehrten zurück in die Ostschweiz und heuerten bei Andreas Caminada an.
Rückblickend waren für mich die Küchen von Rochat und Caminada die idealen zwei Stationen für meine jetzige Aufgabe. Rochat war, wie gesagt, sehr streng, wohingegen Caminada immer für alles eine Lösung hat. Hier im Schlüssel muss ich einerseits strikt sein und andererseits sehr flexibel.
Erklären Sie.
Unsere Küche ist anspruchsvoll für einen Koch, weil er viel mehr mit dem Kopf arbeiten muss. Wir machen hier den Spagat zwischen einem Bistro und einem Gourmetrestaurant sowie zwischen zwei Menüs und zusätzlich À-la-carte-Gerichten. Ich hatte schon Köche auf Zwei-Sterne-Niveau, die bei uns zu beissen hatten. Wir müssen gut strukturiert arbeiten, um überhaupt durchzukommen. Das ist herausfordernd, aber es hält uns jung und macht Spass.