«Wenn Sie eine Idee nicht in fünf Sätzen erklären können, hat sie wenig bis gar keine Chancen auf Erfolg.»
In welche Projekte investiert ein Experte für Schwarmfinanzierung?
Andreas Dietrich: Es ist nicht so, dass ich jede Woche bei einem Projekt mitmache, aber ich habe fast alle Arten des Crowdfundings ausprobiert; das Crowdinvesting, das Crowdsupporting und das Crowdlending.
Aus welchen Motiven?
Einerseits weil ich die Projekte interessant finde, schliesslich investiere ich mein eigenes Geld, andererseits aus beruflichem, wissenschaftlichem Interesse. Ich wollte wissen, wie es in der Praxis funktioniert, zum Beispiel wie ich als Anteilseigner informiert werde. Bei einem Crowdinvesting-Projekt – es ging um die Produktion von Glace – kam es prompt zu Rechtsstreitigkeiten, der Initiant operierte mit einem geklauten Patent. Sein Projekt war super, aber er verlor den Rechtsstreit – und ich möglicherweise mein Investment.
Ist Crowdfunding eine Randerscheinung oder ein echter Trend im Finanzsektor?
Ein Trend, ganz klar, und zwar einer, der nicht nur für die Banken relevant ist, sondern auch für viele andere Wirtschaftszweige. Ich erhalte zahlreiche Anfragen, nicht nur aus der Finanzwelt, sondern aus ganz unterschiedlichen Ecken; etwa dem Kulturbereich oder der Hotellerie. Die Fragen sind indes immer die gleichen: Bietet Crowdfunding neue Opportunitäten? Für welche Branchen eignet sich das Finanzierungsmodell?
Und was antworten Sie?
Viele haben von Crowdfunding gehört oder gelesen, aber keine Ahnung, wie es funktioniert, um welche Summen es geht oder worum es neben der Beschaffung eines bestimmten Betrags sonst noch gehen kann. Ich erkläre viel.
Gastronomen haben traditionell Schwierigkeiten, Kredite zu erhalten.
Die Branche hat auch eine der grössten Ausfallquoten.
Eignet sich Crowdfunding für die Gastronomie?
Es kommen verschiedene Formen in Frage. Crowddonating wohl eher nicht. Crowdinvesting hingegen könnte funktionieren. Denken Sie zum Beispiel an eine Würstchenbude oder an eine Buvette irgendwo in Zürich. Wenn jemand auch nur einen kleinen Betrag in ein solches Projekt investiert, dann ist die Chance gross, dass er erstens ab und zu dort isst und zweitens seinen Freunden davon erzählt, also Werbung dafür macht. Die Kapitalgeber haben eine direkte Bindung zum Projekt.
Wie stehts mit Crowdsupporting?
Dort vermute ich für die Gastronomie die besten Möglichkeiten, einfach weil ich das Gefühl habe, dass gerade Restaurants oder Hotels spannende Gegenleistungen bieten können, nämlich Essen oder eine Übernachtung. Man kann zum Beispiel ein Crowdsupporting-Projekt starten und sagen: Alle, die uns einen bestimmten Betrag geben, können dafür einmal gratis im Restaurant speisen oder aber an einer speziellen Degustation teilnehmen. Die Möglichkeiten sind gross. Bei einem Restaurant geht es ja auch darum, eine Stammkundschaft, eine Community aufzubauen und im Gespräch zu bleiben. Crowdfunding ist eine Chance, mit potenziellen Gästen in Kontakt zu treten und das eigene Lokal bekanntzumachen.
Schwarmfinanzierung als Marketingmittel?
Genau. Das Geld ist das Eine, das kann man brauchen, aber es geht vor allem darum, neue Kunden zu gewinnen und mit ihnen zu kommunizieren. Ein spannendes Phänomen bei Crowdinvesting-Plattformen ist, dass sich die Investoren,auch wenn sie nur 100 oder 200 Franken eingeben, als Miteigentümer fühlen und den Initianten viele Tipps und Feedbacks liefern. Solche Informationen können für KMU äusserst wertvoll sein.