«Da sagte ich mir: Jetzt zeige ich, was ich drauf habe!»
Sie verantworten im The Artisan und im Drei Stuben zwei ganz unterschiedliche Küchen. Welche davon passt besser zu Ihnen?
Corin Schmid: Das lässt sich so nicht sagen. Ich habe zwei grosse Lieben im Kochen – und die beiden Restaurants bringen genau diese zusammen.
Welche sind das?
Zum einen die Verbundenheit zur Natur. Im The Artisan haben wir einen grossen Garten und kultivieren eigenes Biogemüse, da kann ich diesen Aspekt voll ausleben. Zum anderen liebe ich das Kochhandwerk, bin ein Fan alter Techniken, die heute selten praktiziert werden und aufwendig sind. Das Drei Stuben bietet mir die perfekte Plattform, um solche Traditionen aufzugreifen und moderner zu interpretieren.
Wie die Hasenterrine, die Sie fürs Fotoshooting vorbereitet haben...
Genau, da steckt richtig viel Handwerk und Arbeit drin. Ich mag das: den ganzen Hasen bestellen, ausbeinen, die Terrine zubereiten... Ich wurste auch gern, nehme mal ein Wellington auf die Karte oder eine Ballotine. Solche Geschichten liebe ich – und ins Drei Stuben passen sie perfekt.
Inwiefern?
Grundsätzlich steht die Handarbeit in meinen beiden Küchen im Zentrum und wir machen sehr viel selbst. Aber die Konzepte und auch die Klientel unterscheiden sich klar. Im The Artisan sind wir ungezwungen, urban, international inspiriert, trendy. Hier kommen die Gäste auch mal schnell auf einen hausgemachten Burger vorbei. Im Drei Stuben gehts etwas gemächlicher zu: Die Leute nehmen sich Zeit, bestellen drei oder vier Gänge, gönnen sich eine schöne Flasche Wein.
Sie schreiben beide Menüs, gibt es dabei auch Überschneidungen?
Die sind tatsächlich selten. In der Regel nehme ich mir konkret eins der Restaurants vor, wenn ich ein neues Gericht kreiere. Aber es gibt durchaus Produkte, die ich in beiden Lokalen verwende. Die Stracciatella di Burrata von Idea Salentina in Kemptthal zum Beispiel, die ist supercool und mindestens auf einer meiner Karten eigentlich immer zu finden. Die Gerichte, die ich damit mache, sind aber eben unterschiedlich. Ich halte das für wichtig und richtig: Das Drei Stuben ist kein The Artisan 2.0, die Gäste sollen in den beiden Betrieben essen können, ohne das Gleiche vorzufinden.
Bei der Komposition Ihrer Gerichte arbeiten Sie überwiegend allein. Warum ist das so?
Weil ich in diesem Prozess sehr von meiner eigenen Stimmung abhängig bin. Ich kann meine Kreativität nicht planen, sondern habe oft Blitzideen. Deshalb führe ich auf dem Handy eine Liste, auf der ich alles notiere, was mir in den Sinn kommt. Das ist die Basis fürs Schreiben des Menüs.
Was steht auf dieser Liste, das Sie schon lang umsetzen möchten?
Ein Wellington vom Alpine Lachs. Daran tüftle ich bereits einige Zeit, aber aufs Menü hat es das Gericht bislang nicht geschafft. Eine Schwierigkeit ist die Umsetzung im À-la-carte-Service: Wie gelingt es, den Fisch im Teig in perfektem Zustand an den Tisch zu bringen? Die Lösung dafür habe ich inzwischen, und ich hoffe, dass das Gericht irgendwann im Drei Stuben auf der Karte steht.
Sie drücken den Restaurants als Küchenchefin klar Ihren eigenen Stempel auf.
Das liegt, glaube ich, in meiner Natur. Das Ganze ist ja eine lustige Geschichte. Ich arbeitete im The Artisan als Souschefin von Mark Thommen, als er einen Unfall hatte, sich den Arm brach und am Herd per sofort ausfiel. Da sagte ich mir: Jetzt zeige ich, was ich drauf habe! Das wars. Seither stand Mark vielleicht noch zwei Tage in der Küche, um auszuhelfen. Vom Zeitpunkt an, als ich den Posten der Küchenchefin übernommen hatte, fällte ich eigene Entscheidungen und behandelte das Restaurant, als wäre es mein eigenes. Ich sass daheim – damals waren wir grad im ersten pandemiebedingten Lockdown –, schrieb das Menü neu, suchte passende Lieferantinnen und Produzenten. Mark konnte nicht, also machte ich. Grossartig war, wie das Team reagierte: Es akzeptierte mich vom ersten Tag an als Chefin und unterstützte mich voll.
Wie erreichten Sie das?
Ich versuche, für alle ein gutes Arbeitsklima zu schaffen, und suche die Menschen, die in meinen Küchen arbeiten, sorgfältig aus – nicht nur anhand ihrer beruflichen Skills. Die menschliche Komponente ist ebenso wichtig. Und ob eine Person zu uns passt, zum jewei ligen Konzept. Findet sie cool, was wir machen? Hat sie Lust, auch mal im Garten zu jäten? Sonst wird das am Ende nichts. Zumal wir zwar zwei Konzepte haben, aber eben doch ein Betrieb sind: Da helfen die Leute auch mal im anderen Restaurant aus.