12.06.2018 Salz & Pfeffer 4/2018

Just do it

Text: Patricia Engelhorn – Fotos: Jürg Waldmeier
Drei Freunde träumten davon, den besten Hamburger der Welt zu produzieren, legten einfach mal los – und brachten Genf international auf den Radar der Burger-Fans.
Die Gründer (von links): Marc Gouzer, Yann Popper, George Bowring
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«Wir waren drei pubertierende Kids, wir wollten alles anders machen, wir glaubten, es besser zu wissen und zu können, wir waren sehr naiv.»

Ein Burger ist ein Burger ist ein Burger? Vor dem Grillmeister liegen fünf halbierte, auf den Schnittflächen sanft geröstete Buns. Er wartet kurz, bis sie etwas abgekühlt sind, greift dann nach einer roten Dosierflasche und malt eine feine Heinz-Ketchup-Serpentine auf jede untere Brötchenhälfte. Es folgen zarte Muster mit Senf (French’s) und Mayo (Thomy). Die Tomaten, rote Zwiebeln und Essiggurken sind in hauchdünne Scheiben geschnitten und kommen wohldosiert auf das Saucen-Trio. Darüber ein Blatt Eisbergsalat und der dampfende Patty: 150 bis 160 Gramm tagesfrisch gehacktes und à la minute auf der Grillplatte gebratenes Rindfleisch.

So etwas gibts weder auf der Autobahnraststätte noch beim Schnellimbiss um die Ecke. Die Burger der 2012 in Genf gegründeten The Hamburger Foundation (THF) sind eine Klasse für sich. In internationalen Rankings landeten sie mehrfach in den Top Ten – weltweit. «Schon als Teenager träumten wir davon, einen konkurrenzlos guten Burger zu kreieren», erzählt Marc Gouzer, inzwischen 35 Jahre alt und Mitbesitzer der THF. Er und seine Jugendfreunde Yann Popper und George Bowring trafen sich damals jeden Montag im bis heute existierenden Restaurant Road Runner und investierten ihr Taschengeld in Hamburger. «Wir waren drei pubertierende Kids, wir wollten alles anders machen, wir glaubten, es besser zu wissen und zu können, wir waren sehr naiv», sagt Yann Popper rückblickend.

Doch ohne diesen jugendlichen Leichtsinn würde THF wohl kaum existieren. Vor rund sieben Jahren sagten sich die drei «jetzt oder nie». Yann Popper arbeitete zu diesem Zeitpunkt als Marketingdirektor eines Reiseunternehmens in New York, Marc Gouzer war im Immobiliengeschäft, George Bowring hatte einen gutbezahlten Job bei Procter & Gamble. Sie kündigten. «Wir dachten, es sei ganz einfach: Wir machen einen superguten Burger und verkaufen ihn», sagt Bowring, der eine Ausbildung an der Hotelfachschule in Lausanne absolviert und Studentenjobs in Restaurants und Clubs hinter sich hatte. Also Fachwissen und Erfahrung mitbrachte. Aber so einfach war es nicht.

Zunächst einmal mussten die Jungunternehmer die zwei wesentlichen Zutaten für ihr Produkt finden: Brot und Fleisch. In Genf gab es keinen Bäcker, der einen auch nur annähernd zufriedenstellenden Bun im Sortiment hatte. «Für einen guten Hamburger darf man kein allzu gutes Brot verwenden. Man braucht amerikanisches Brot, das weich ist und ein bisschen süss», erklärt Popper, der aus New York per Kurier Tupperware-Boxen mit Bun-Mustern nach Genf schickte.

Gouzer sollte jemanden finden, der etwas Ähnliches machte. «Ich war bei allen Bäckern der Region. Niemand konnte oder wollte dieses Brot entwickeln und mit uns arbeiten», erzählt er. Niemand ausser David Paganel. Ihm gefiel das Burger-Projekt, er gab dem jungen Team eine Chance. Acht Monate lang experimentierte der gebürtige Franzose und gelernte Patissier, dann präsentierte er einen Bun, der für den Anfang gut genug schien. Bis heute tüftelt er an der Technik, die aus einem flachen Teigrondell ein goldig glänzendes, luftig-fluffiges 50-Gramm-Brötchen macht, das bei aller Zartheit nicht kaputt geht und den Fleischsaft trägt.

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Der Bäcker: David Paganel
Der Bäcker: David Paganel
Der Metzger: Ben Perilla
Der Metzger: Ben Perilla
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George Bowring, Marc Gouzer, Yann Poper
George Bowring, Marc Gouzer, Yann Poper

Ebenso schwierig: das richtige Fleisch zu bekommen. Gängige Burger sind aus Rinderhack, das von den Fleischabschnitten der Schlachtereien stammt. Kein schlechtes Material, aber nicht gut genug für die Ambitionen der THF. «Zu mager», urteilt Gouzer. Der Schweizer Durchschnittsburger enthält rund fünf Prozent Fett. Bei einem guten Metzger in den USA sind es etwa 20 Prozent. Bei THF bewegt sich der Anteil zwischen zwölf und 15 Prozent, und man achtet akribisch darauf, dass das Fett gut im Fleisch verteilt ist.

«Billigeres Fleisch hat nur aussen eine Fettschicht, unseres ist marmoriert. Es stammt von gut gehaltenen Tieren und ist teuer», erklärt Gouzer. Welche Stücke die THF-Metzger per Hand hacken, ist ein Betriebsgeheimnis. Verraten wird lediglich, dass die vermeintlich besten Teile nicht dazugehören: Filet ist zu mager, und die beim Grillen beliebte Hochrippe schmeckt gehackt unangenehm penetrant. «Wie ein nasser Hund», behauptet Bowring.

Er ist unter anderem für die Finanzen bei THF zuständig. Als er begriff, dass man sich erst einmal kein Restaurant würde leisten können, organisierte er einen Lieferwagen und bescherte Genf und der Schweiz den ersten Food-Truck. «Den Truck stellten wir auf den Parkplatz eines Industriegebiets unweit von Carouge, weil wir dort keine Miete bezahlen mussten. Die Leute dachten zunächst, wir seien Fahrende», erzählt Bowring. Aber drei coole Jungs mit einem Truck, der exzellente Burger ausliefert, fallen auf. Zunächst den Medien, dann allen anderen.

Jedenfalls kam der Erfolg schlagartig. «Im Sommer organisierten wir Partys mit Musik, Tischtennis, einer kleinen Bar. Den Leuten gefiel das. Nach einem Jahr konnten wir unser erstes Restaurant eröffnen», erzählt Gouzer. Heute gehören zwei Food-Trucks und drei Restaurants zu THF, das Gründer-Trio beschäftigt rund 150 feste und freie Mitarbeiter, die Zahl der verkauften Burger ist von den anfänglich 30 auf 600 bis 700 pro Tag angestiegen.

Reich wird man damit nicht. «Reich wird man mit Pizza», behauptet Gouzer. Mit guten Burgern aber sei die Marge gering: Sie sind teuer in der Herstellung. Ein einfacher Burger kostet die THF knapp neun Franken, verkauft wird er für 13. Und selbst dieser Preis schien anfangs zu viel für einen Burger, den man bei McDonald’s für einen Bruchteil davon bekommt. «Aber die Leute vergleichen und verstehen», sagt Gouzer, «inzwischen überleben wir durch das Volumen. Wir möchten nicht teuer sein. Unser Anspruch ist es, den besten Burger der Schweiz zu einem fairen Preis anzubieten.»

Bei THF ist nichts vorgekocht oder tiefgekühlt. Es gibt keine raffinierten Saucen, Gänseleber, Trüffel oder Spiegeleier, die vom Geschmack ablenken, sondern klassische Burger in drei Varianten: Hamburger, Cheese Burger, Bacon Cheese Burger. Stammkunden sagen nur noch «bleu» oder «bien cuit». Sagt man nichts, wird der Burger saignant serviert. «In einer Gesellschaft, in der es unendlich viel Auswahl gibt, setzen wir einen Gegenpunkt», sagt Gouzer, «wir haben alles vorab durchprobiert und das Beste ausgesucht.»

Ganz neu ist der Founder’s Burger: ein nackter, 250 Gramm schwerer Fleischklops im Bun. Er kostet 39 Franken und schmeckt so gut, dass er keine Zugaben benötigt. Der Grillmeister braucht bis zu 20 Minuten dafür – Fast Food gibt es anderswo.

Die Standorte
Aus einem Food-Truck wurde ein veritables Burger-Unternehmen. The Hamburger Foundation ist heute an verschiedenen Standorten in Genf vertreten.

THF Pâquis
37 Rue Philippe-Plantamour, 022 310 00 44

THF Plainpalais
6 Rue Leschot, 022 436 88 70

THF Eaux-Vives
8 Rue du 31 Décembre, 022 400 00 55

Truck 1 und Truck 2
diverse Standorte (siehe Website), 079 555 00 42

www.thehamburgerfoundation.ch