«Kaffee zu zelebrieren, braucht Zeit und Musse.»
Heute haben Sie Ihren Dokumentarfilm veröffentlicht. Was erwartet die Zuschauer?
Kevin Rechsteiner: Sie erfahren in 70 Minuten, wer und was in der Schweizer Baristaszene angesagt ist. Der Film gibt einen umfassenden und intimen Einblick in einen Kreis von Aficionados, die sich mit Leib und Seele dem Kaffee verschrieben haben. Wir sehen, wie sie hunderte von Stunden in die Zubereitung des perfekten Kaffees stecken und mit viel Herzblut versuchen, in der Schweiz eine Kaffeekultur zu etablieren. Der Film zeigt ungeschminkte Leidenschaft, mit allen Höhen und Tiefen.
Was hat Sie dazu bewogen, einen Film über Kaffee zu machen?
Meine Frau kommt aus Norwegen, wo ich in den vergangenen Jahren viel Zeit verbracht habe. Ich traf dort auf eine Kaffeekultur, wie ich sie aus der Schweiz nicht kannte: Die Leute fachsimpelten über Herkunft, Zubereitungsart und Röstgrad, bevor sie ihren Kaffee tranken. Das begeisterte mich. Dabei war ich bis dahin nicht einmal Kaffeetrinker gewesen. Wieder daheim, fing ich an zu recherchieren, besuchte Baristakurse. 2013 verbrachte ich viel Zeit in den USA und stellte fest, dass Spezialitätenkaffee auch dort richtiggehend zelebriert wird. Zurück in der Heimat, machte ich mich auf die Suche nach Schweizer Kaffeefreaks – und traf auf Leute, die mit einer unglaublichen Passion am Werk sind. Ich wollte ihr Schaffen dokumentieren.
Im Film greifen Sie die Frage auf, ob dieses Schaffen auch auf Nachfrage stösst. Was sagen Sie dazu?
Für den Normalverbraucher bleibt Kaffee der obligate Muntermacher, eine Selbstverständlichkeit, kein Genussmittel. Wenn Entwicklungen aus der Spezialitäten-Kaffeeszene die breite Masse erreichen, wird daraus oft ein Hype, ohne dass die Leute das Produkt dahinter verstehen. So tranken diesen Sommer alle Cold Brew, einfach, weil es heiss war. Dass Cold Brew mehr ist als einfach nur kalter Kaffee, wissen die wenigsten. Nichtsdestotrotz wächst die Zahl der Kaffeefans, die mehr erfahren wollen. Spezialisierte Kaffeebars wie das Mame oder das Coffee in Zürich stossen auf grosses Interesse. Der Schlüssel zu ihrem Erfolg sind Baristas, die ihre Arbeit mit viel Wissen und Herzblut pflegen. Noch mangelt es der Gastronomie an solchen Leuten.