18.05.2021

Kalt gebraut, heiss geliebt

Text: Virginia Nolan – Fotos: z. V. g.
Christoph Huber gehörte zu den ersten Schweizer Gastronomen, die mit Cold Brew von sich reden machten. Mittlerweile hat er sich ganz dem kalten Kaffee verschrieben und produziert mit seinem Start-up Barrel Cold Brew ein trinkfertiges Craft-Getränk.
Für Cold Brew ziehen frische, grob zermahlene Kaffeebohnen mehrere Stunden in kaltem Wasser und werden anschliessend abgefiltert. Dieses milde Extraktionsverfahren eliminiert Bitterstoffe und Säure weitgehend. Das Resultat ist ein milder, geschmacklich nuancierter Kaffee, der den vollen Charakter der Bohne zur Geltung bringt.
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«Cold Brew steht für eine Kaffeekultur, die das Pure, Unverfälschte in den Vordergrund stellt.»

Sprichwörtlich ist kalter Kaffee gleichbedeutend mit Schnee von gestern. Auf das Getränk selbst trifft dies allerdings keineswegs zu: Der gekühlte Muntermacher liegt voll im Trend. Man denke nur an den heissbegehrten Schüttel-Kaffee im Plastikbecher, Topseller in den Kühlregalen. Für die zuckerreichen Milchmischgetränke können sich erklärte Kaffeeliebhaber allerdings kaum erwärmen. Sie setzen lieber auf Cold Brew, das Pendant für Puristen. In den USA ist es längst vom Nischen- zum Trendgetränk avanciert, und auch hierzulande kommt Cold Brew langsam aber sicher aus der Liebhaberecke.

Für Cold Brew ziehen frische, grob zermahlene Kaffeebohnen mehrere Stunden in kaltem Wasser und werden anschliessend abgefiltert. «Die Langzeit-Extraktionsmethode kann ungewollte Bitterstoffe und Säure weitgehend eliminieren. Das Resultat ist ein milder, geschmacklich nuancierter Kaffee mit leichter Fruchtnote, der die natürliche Süsse der Bohnen bewahrt und hervorhebt», sagt Christoph Huber. In der Schweiz gehörte Huber, der bis 2019 das Café Henrici im Zürcher Niederdorf mitführte, zu den ersten Gastronomen, die mit Cold Brew von sich reden machten. Huber entwickelte seinen Cold Brew in jahrelanger Tüftelei stets weiter und verschrieb sich schliesslich ganz dem edlen Erfrischungsgetränk. 2019 zog sein Start-up Barrel Cold Brew im neuen Valley-Areal nahe Winterthur ein. Dort produziert Huber nun hauptsächlich für Gastronomen und Caterer, die Gäste mit einem hochwertigen Kaffeeerlebnis erfreuen, sich dafür aber nicht in zeitaufwendigen Experimenten verlieren wollen. Denn was simpel klingt, braucht in der Tat viel Übung und Wissen. «Wie beim heiss gebrühten Kaffee lassen sich auch beim Cold Brew das Kaffee-Wasserverhältnis, der Mahlgrad, die Kontaktzeit und viele weitere Faktoren variieren», sagt Huber, «ein harmonisches Geschmackserlebnis setzt das perfekte Zusammenspiel voraus.»

«Cold Brew hat nicht nur als Erfrischung Potenzial. Er bietet uns eine ungeahnte Vielfalt von Aromen», sagt Ex-Gastronom und Kaffeeunternehmer Christoph Huber.
«Cold Brew hat nicht nur als Erfrischung Potenzial. Er bietet uns eine ungeahnte Vielfalt von Aromen», sagt Ex-Gastronom und Kaffeeunternehmer Christoph Huber.
Seinen trinkfertigen Nitro Cold Brew füllt Christoph Huber in Mehrwegfässer ab und versetzt ihn mit Stickstoff. Das frisch gezapfte Kaffeegetränk besticht mit schöner Crema und einem vollen, seidigen Mundgefühl.
Seinen trinkfertigen Nitro Cold Brew füllt Christoph Huber in Mehrwegfässer ab und versetzt ihn mit Stickstoff. Das frisch gezapfte Kaffeegetränk besticht mit schöner Crema und einem vollen, seidigen Mundgefühl.

Demgegenüber erfordert Hubers Lösung keinerlei handwerkliches Know-how. «Durch meine Erfahrung und das damit verbundene Experimentierten kann ich Gastronomen Arbeit abnehmen», sagt Huber. «Ich biete ihnen ein sorgfältig zubereitetes Craft-Getränk an, das ein einfaches Handling ermöglicht und doch hohe Qualitätsansprüche erfüllt.» Handwerklich hat sich der Kaffeespezialist auch von Bierbrauern inspirieren lassen: Seinen trinkfertigen Nitro Cold Brew füllt Huber in Mehrwegfässer ab und versetzt ihn mit Stickstoff. Das Getränk wird mit erhöhtem Druck gezapft – dank integrierter Vorrichtung an den Fässern oder den Bag-in-Box-Verpackungen, zwischen denen Gastronomen die Wahl haben. Dieser technischen Raffinesse verdankt der frisch gezapfte Nitro Cold Brew seine Crema und sein volles, seidiges Mundgefühl. Den Gaumen belohnt er mit Noten von Steinfrucht und dunkler Schokolade. Die Alternative für Privathaushalte und Büros ist der Pure Black Cold Brew in der Dreiliterpackung, ein erfrischender, ebenfalls trinkfertiger, zucker- und milchfreier Kaffee für den Offenausschank, den man am besten auf Eiswürfeln angiesst. Huber verarbeitet für seine Produkte Fairtrade-zertifizierte Bio-Kaffeebohnen aus Äthiopien, die von der Rösterei Rast im luzernischen Ebikon geröstet werden.

Cold Brew hat hierzulande noch viel Potenzial, da ist sich Huber sicher. «Und zwar nicht nur als Erfrischung im Sommer», sagt er. «Das Getränk bietet uns eine ungeahnte Vielfalt an Aromen. Es steht für eine neue Kaffeekultur, die das Pure, Unverfälschte in den Vordergrund stellt. Hochwertige Bohnen verdienen es, ihren vollen Charakter ins Getränk zu bringen.» So sei Cold Brew eine Alternative zum herkömmlichen Eiskaffee, die der geschmacklichen Komplexität der Kaffeebohne auch wirklich gerecht werde. «Die handelsüblichen Varianten von kaltem Kaffee werden nach dem Aufbrühen quasi schockgekühlt», sagt Huber, «das verändert das Aromaprofil drastisch. Es treten Bitterstoffe hervor, die anschliessend mit viel Milch und Zucker kaschiert werden müssen.» Wer Hubers Cold Brew für Mischgetränke verwenden will – etwa als Cocktail-Zutat –, hat demgegenüber ein sorgfältig verarbeitetes Basisprodukt.

Unlängst ist der Kaffee-Nerd, wie sich der 36-Jährige bezeichnet, eine Kooperation mit dem Zürcher Startup Isule Coffee eingegangen, das nachhaltig produzierenden Kleinbauern in Uganda direkten Marktanschluss in die Schweiz ermöglicht. «Von der Farm direkt in die Tasse», lautet das Credo der Zusammenarbeit, die Huber mit einer neuen Cold-Brew-Rezeptur für den Detailhandel mitgestalten will. Die ersten Fläschchen sollen im Juni auf den Markt kommen, derzeit sucht Huber noch Partner, die das Getränk probeweise ins Sortiment aufnehmen wollen: «Ich denke da an kleinere, lokale Geschäfte, die unsere Philosophie und unseren Qualitätsanspruch teilen.»

Christoph Huber studierte Marketing und Grafik in San Francisco. In der Küstenstadt lernte er die lokale Kaffeekultur – inklusive Cold Brew – kennen und lieben. Zurück in der Schweiz, eröffnete er 2009 gemeinsam mit seiner Schwester Olivia Huber das Café Henrici im Zürcher Niederdorf. In den zehn Jahren als Café-Betreiber verfeinerte und perfektionierte er seine Cold-Brew-Methode, bis er sich schliesslich ganz dem Kaffee widmete. Mit seiner Kaffeebrauerei Barrel Cold Brew im Kemptthal, einem Einmannunternehmen, produziert Huber Cold Brew für Gastronomen, Event-Caterer und Büros. Ausserdem bietet er Betrieben individuelle Lösungen für Zubehör wie mobile Zapfsysteme und Schankstationen an. Infos zu Unternehmen und Angebot gibts hier.