«Arbeiten und nochmals arbeiten, nie aufhören, nie ausruhen.»
Christian Kuchler lässt sich nicht so leicht aus der Ruhe bringen. Auch dann nicht, wenn der Journalist am Morgen vier Stunden früher auftaucht als abgemacht und am Vorabend ein gewisser Rolf Fliegauf samt Brigade vier Stunden zu spät aus der Taverne zum Schäfli getorkelt ist. «Dann können wir ja loslegen», sagt er trocken, holt eine Taube raus, blanchiert tournierte (!) Pilze und schiebt den in Fischfarce und Zucchetti-Mantel gehüllten Kaisergranat in den Steamer.
«Ich mag Perfektion auf dem Teller, wenn man erkennt, dass sich jemand einen Haufen Arbeit gemacht hat», erklärt Kuchler. So wie im Pariser Restaurant Plaza Athénée des Drei-Sterne-Kochs Alain Ducasse, bei dem er zwei Jahre lang am Herd stand. Es folgten Stationen im Gasthaus Schupfen in Diessenhofen (Gault-Millau-Entdeckung des Jahres 2010) sowie im Hirschen Eglisau (Aufsteiger des Jahres 2014). Vor drei Jahren übernahm er das berühmte Restaurant seiner Eltern in Wigoltingen. Kuchlers Kochstil treibt nicht nur Puristen die Tränen in die Augen und ist den Testern zurzeit 18 Gault-Millau-Punkte und zwei Michelin-Sterne wert. «Viele sagen ja, sie würden klassisch kochen, bei mir ist das tatsächlich so.»
Für den Hauptgang bettet Kuchler geschmorten Chicorée unter die Taube, dazu gibts etwas vom Boskop-Apfel, Taubenessenz, Pilze und Selleriepüree. Der Gang gleicht einem Gemälde, wobei die Sauce nicht nur optisch das verbindende Element darstellt. Dass ihm auch auf höchstem kulinarischen Niveau der Humor nicht abhanden gekommen ist, beweist das Dessert: ein Eis am Stiel aus Sauerrahm und Himbeeren.
«Arbeiten und nochmals arbeiten, nie aufhören, nie ausruhen», so beschreibt der 33-Jährige seinen Alltag. Das gehe nur, wenn man Spass habe an der Gastronomie und am Kochhandwerk. Doch wie viel davon ist ihm eigentlich in die Wiege gelegt worden? Kochtechnisch habe er von seinem Vater Wolfgang, dessen Küche während vieler Jahre mit 18 Punkten bewertet war, bis zu seiner Ankunft im Schäfli nichts gelernt, sagt Kuchler. «Dafür lerne ich seither jeden Tag von ihm.» Vor allem was das Führen eines Restaurants anbelangt. «Es ist wichtig, dass man als Gastgeber ein lustiger Kerl ist, aber das allein reicht bei weitem nicht.»