Kaffeetrinken war schon mal einfacher. Espresso, Cappuccino, Kafi crème? Weniger Wahl, weniger Qual. Heute ist ein ganzes Bündel an Entscheidungen gefragt: Arabica oder Robusta? Brasilien oder Burundi? Trocken aufbereitet oder gewaschen, hell oder dunkel geröstet, to stay oder to go? Die Baristakultur mit ihrem Fokus auf Specialty Coffees belebt den Schweizer Markt, bringt Schwung und sorgt für mitunter überraschenden Genuss. Sie verlangt von Gast und Gastgeber aber auch, sich dem Heissgetränk in seiner neuen Vielfalt zu öffnen und es – wie auch den Wein – als wertiges Naturprodukt anzuerkennen: mit allen seinen charakterbildenden Attributen. Das klingt kompliziert? Mag sein. Also haben wir uns mit Benjamin Hohlmann und Philipp Schallberger von den Basler Kaffeemachern ins Dickicht der Begrifflichkeiten gestürzt, um dieses zumindest ein wenig zu lichten.
ZUM ANBAU
Land – Kaffee wird vorwiegend in Asien, Afrika, Zentral- und Südamerika angebaut. Mit welchen Merkmalen verschiedene Herkunftsländer einhergehen, steht im Kastentext.
Höhenlage – Die ideale Höhe für den Kaffeeanbau hängt von der Nähe zum Äquator ab. Es gilt: je näher, umso höher. Sprich: Auf 1900 Metern über Meer ist es in Costa Rica schon sehr kalt für Kaffee, in Kenia passt das prima. Grundsätzlich sorgt die Höhe für mehr Dichte in der Bohne – und damit für mehr Komplexität. Weil Arabica-Pflanzen generell im Hochland wachsen, ist der Vermerk Höhenlage allerdings eine reine Marketinggeschichte.
SHG (strictly high grown) – Diesen Hinweis findet man bei Bohnen aus Zentralamerika; er deutet darauf hin, dass der Kaffee auf über 1200 Metern über Meer wuchs, ist aber ohne weitere Angaben recht allgemein gehalten.
Marke vs. Micro-Lot – Von Kaffees, die unter einer Marke vertrieben werden, erwartet der Konsument in erster Linie Konstanz. Sie sollen immer gleich schmecken, was bei einem Naturprodukt, das nun einmal saisonalen Schwankungen unterliegt, kaum möglich ist. Der Name eines Micro-Lots hingegen basiert auf der Herkunft des Kaffees – etwa der Farm, Kooperative oder Aufbereitungsstation – und macht keine verbindliche Aussage über den Geschmack. Das ist insbesondere bei topografischen oder klimatischen Eigenheiten sinnvoll.
ZUR BOHNE
Arabica vs. Robusta – Arabica und Robusta (wissenschaftlich Canephora) sind zwei Sorten aus der Familie des Kaffees, vergleichbar mit Äpfeln und Birnen beim Kernobst. Sie sehen anders aus, unterscheiden sich geschmacklich und kommen verschieden zum Einsatz, ohne dass sich eine allgemeine Aussage über die Qualität machen liesse. Weitere (ökonomisch irrelevante) Sorten sind Liberica und Excelsio. Arabica-Kaffee gibt es in über 100 Varietäten. Er wächst in der Höhe, wird rund um den Globus angebaut und beherrscht vom Volumen her den Weltmarkt. Entsprechend wird er stark erforscht und gezüchtet. Arabica-Kaffee enthält mehr Säure und gilt tendenziell als aromatisch komplexer und sauberer als Robusta-Kaffee. Dahingegen ist die Robusta-Pflanze, die im Flachland und hauptsächlich in Südostasien und Westafrika kultiviert wird, bequemer und widerstandsfähiger im Anbau. Ihre Bohnen enthalten besonders viel Koffein, es dominieren erdige, bittere Noten. Weil Robusta-Kaffee dem Klimawandel besser die Stirn bieten kann, gewinnt er an Bedeutung. Bauern, die auf ihn (oder auf eine Kreuzung damit) setzen, dürften es in Zukunft leichter haben.
Varietät – Es gibt zig Unterarten von Arabica und Robusta, wobei die Angabe der Varietät dem gemeinen Kaffeetrinker wenig hilft. Für den Profi sagt sie durchaus was aus – über Ertragssteuerung oder Resistenzen, zum Beispiel.
Bohnengrösse – Grosse Bohnen galten lang als Qualitätsmerkmal, sind es aber nicht zwingend. Sicher ist: Sie sehen schöner aus und sind dem Marketing darum zugänglicher. Tendenziell steckt in einer grossen Bohne mehr Säure.
Blend – Unter dem Blend versteht man die Mischung eines Kaffees – von Arabica und Robusta, aber auch von Arabica und Arabica oder Robusta und Robusta. Ein klassischer Espresso enthält zum Beispiel 30 Prozent Robusta und 70 Prozent Arabica (wovon rund 50 Prozent aus Brasilien stammen).
Monsooned Malabar – Der Name bezieht sich auf die folgende Geschichte: Als die Briten erstmals Kaffee aus Indien importierten, machte der Monsun die bereits getrockneten (Arabica-)Kaffeebohnen wieder nass und liess diese modern. Es entstanden erdige, ledrige und animalische Noten, die eher typisch für Robusta-Varietäten sind. Viele Röster kaufen Malabar-Kaffee, um einen 100-prozentigen Arabica-Blend ausloben zu können, ohne auf Robusta-Aromen verzichten zu müssen.
ZUR AUFBEREITUNG
Washed vs. Natural – Man unterscheidet zwischen Kaffees, die gewaschen werden (washed, wet, nass), und solchen, die ungewaschen bleiben (natural, dry, trocken). Das Waschen ist ein klassischer Vorgang für Arabica-Bohnen und in Zentral- und Südamerika Standard. Das Fruchtfleisch wird vom Kern entfernt und dieser mit seiner Schleimhaut gewässert, bis er die gewünschte Feuchtigkeit erhalten hat. Die Methode ist speditiv, arbeitet die typischen Kaffeearomen in einer Bohne heraus und pusht die Säure. Die Natural-Aufbereitung ist bei Robusta-Kaffees üblich. Das Trocknen der Bohne samt Fruchtfleisch sorgt im Kaffee für süssliche, fruchtige Noten und mehr Prozessaromen. Das eröffnet ein weites Feld für Experimente und Spielereien.
Honey – Zwischen gewaschenen und trocken aufbereiteten Kaffees gibt es diverse Abstufungen: honey processed oder semiwashed oder black honey – um nur einige Beispiele zu nennen. Keiner der (Marketing-)Begriffe ist genau definiert.
ZUR VERARBEITUNG
Röstung – Der Röstprozess hat einen grundlegenden Einfluss auf die Aromatik. Je heller geröstet wird, umso mehr Terroirgeschmäcker aus der Bohne bleiben bestehen. Dunkler geröstete Kaffees entwickeln Röstaromen, süsse, nussige und schokoladige Noten – bis sie bitter oder rauchig werden. Der Schweizer Konsument ist auf dunklere Röstungen geeicht. Hellere Röstungen sind komplexer, allenfalls weniger zugänglich – sie können aber umso spannender sein.
Schonend trommelgeröstet – Der Hinweis auf die schonende Trommelröstung ist ein Marketingwerkzeug, das sich die Kleinröster in den Neunzigerjahren einfallen liessen, um sich von der industriellen Konkurrenz abzuheben. Sie verteufelten den hohen Anteil an Chlorogensäure, der bei der industriellen Röstung, die nur wenige Minuten dauert, im Kaffee zurückbleibt, und propagierten lange Röstzeiten bis zu 25 Minuten. Dabei werden die Bohnen allerdings eher gebacken als geröstet, was den Kaffee geschmacklich aushöhlt. Während die Chlorogensäure tatsächlich verschwindet, bauen sich bei langen und dunklen Röstzeiten andere Säuren (etwa Essigsäure) auf. Und diese sind ebenfalls weder ein Vor- noch ein Nachteil.
Frische – Dass frisch gerösteter Kaffee am besten schmeckt, ist nur die halbe Wahrheit: Tatsächlich enthält zu frischer Kaffee viel CO2, das ihn bitter schmecken lässt und ihm eine aggressive Säure verleiht. Rund zwei Wochen nach dem Rösten (oder später) erreicht Kaffee seinen geschmacklichen Höhepunkt, die qualitative Bestzeit hält zwei bis drei Monate an. Trocken aufbereitete Kaffees brauchen bis zur vollen Entfaltung in der Regel noch etwas länger.
ZUM TRINKEN
Cold Brew vs. Cold Drip – Kalte Kaffeegetränke sind in. Für den Cold Brew wird grob gemahlener Kaffee in Wasser eingelegt, über Nacht im Kühlschrank gelagert und am nächsten Morgen abgefiltert. Das Resultat schmeckt leicht, kaum bitter und ist einfach zu trinken. Für den Cold Drip tropft Eiswasser ganz langsam (in sechs bis zwölf Stunden) über den Kaffee durch einen Filter. Verhältnis Kaffee zu Wasser: eins zu zehn. Das Ergebnis ist ein schwerer, cremiger Kaffee, der an Sherry erinnert.
Crema
Die Crema an und für sich enthält viel CO2 und Öl, schmeckt extrem bitter und hat keinen positiven Effekt auf den Kaffeegenuss. Sie zeugt aber auch davon, dass ein Kaffee frisch gezogen wurde – und das ist nicht verkehrt.