04.05.2020

«Loslassen tut weh»

Interview: Virginia Nolan – Fotos: Jürg Waldmeier
Mit seiner kompromisslos regionalen Küche begeistert Markus Burkhard im Restaurant Jakob in Rapperswil Gäste und Kritiker. Nun findet die Erfolgsstory ein jähes Ende.
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Ende Mai öffnet das Restaurant Jakob seine Türen für ein letztes Gastspiel. Ab September stellt es seinen Betrieb ein.
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«Diese Ungewissheit ist keine gute Basis für Investitionen, wie wir sie geplant hätten

Sie und Ihr Team blicken im Restaurant Jakob auf eine bemerkenswerte Erfolgsgeschichte zurück. Nach fünf Jahren haben Sie nun entschieden, den Betrieb per Ende August zu schliessen. Was hat Sie dazu bewogen?
Markus Burkhard: Wir beschäftigten uns schon länger mit der Frage, wie wir das Restaurant erfolgreich in die Zukunft führen wollen. Unser Pachtvertrag läuft im kommenden September aus, und für uns war klar: Wenn wir an diesem Standort weitermachen wollen, müssen wir investieren. Gerade in der Küche stiessen wir an unsere Grenzen. Und so war auf diesen Sommer eine umfassende Sanierung der Kücheninfrastruktur und des Restaurants geplant. Unser Vermieter hätte uns diese Investitionen ermöglicht, wir hätten uns im Gegenzug für weitere Jahre verpflichtet und den Mietvertrag entsprechend verlängert.

Davon sehen Sie nun ab und schliessen stattdessen.
Ja. Die Entscheidung ist uns schwergefallen, zumal die Entwicklung vor der Krise in jeder Hinsicht erfreulich war. 2019 lief sehr gut, und auch der Start ins neue Jahr war vielversprechend. Der Februar war unser umsatzstärkster Monat seit der Geburtsstunde des Restaurants vor fünf Jahren.

Hat Sie das nicht zuversichtlich gestimmt, nach der Krise wieder an den Erfolgskurs anknüpfen zu können?
Im Restaurant vielleicht schon. Aber nicht im Hotel, das wir parallel dazu führen – und das Hotel bildet nun einmal das wirtschaftliche Rückgrat des ganzen Betriebs, es trägt die Gastronomie. Der Blick aufs Hotelgeschäft stimmt uns derzeit leider wenig optimistisch: Etliche Buchungen wurden storniert, ebenso sämtliche Hochzeits- und Privatfeste, die am Wochenende sonst volle Betten garantieren. Wann die Businessgäste aus aller Welt zurückkehren, die unter der Woche für Auslastung sorgen, steht in den Sternen. Diese Ungewissheit birgt viele Risiken und ist aus unserer Sicht keine gute Basis für Investitionen in dem Umfang, wie wir sie geplant hätten – übrigens auch im Hotelbereich.

Die Hotelzimmer wurden erst vor drei Jahren umgebaut.
Gemeinsam mit dem Hausbesitzer hatten wir Anfang Jahr geplant, einen weiteren Schritt nach vorne zu gehen, also erneut in die Zimmer zu investieren. Dies auch vor dem Hintergrund, dass im Herbst 2020 im benachbarten Jona ein Businesshotel mit 90 Zimmer eröffnen soll. Der Plan war, konkurrenzfähig zu bleiben, unsere Position als Boutiquehotel in der Innenstadt zu festigen. Angesichts der aktuellen Entwicklung kommt das leider nicht mehr infrage: Aufs Geratewohl so viel Geld in die Hand zu nehmen, wenn sich eine globale Rezession abzeichnet, ist uns schlicht zu riskant. Kommt hinzu, dass wir unsere Reserven nun weitgehend für die laufenden Verpflichtungen während dem Lockdown aufbrauchen werden.

Ende Mai eröffnet das Restaurant Jakob für drei letzte Monate seine Türen. Wo geht es für Sie und Ihr Team danach weiter?
Das wissen wir noch nicht. Oberste Priorität hat für uns, der Geschichte hier ein schönes, würdiges Ende zu bereiten. Am wichtigsten ist uns, uns persönlich von unseren Gästen verabschieden zu können – und denen, die es bisher nicht zu uns geschafft haben, dafür noch einmal die Gelegenheit zu bieten. Den Hotelbetrieb werden wir noch eine Weile weiterführen, jedenfalls so lange, bis die Projekte, die wir dort in Zusammenarbeit mit der Stiftung Lindenbaum zur Berufsintegration von Jugendlichen führen, abgeschlossen sind. Im Vergleich zur Gastronomie ist es uns im Hotelbetrieb möglich, die laufenden Kosten auch bei geringer Auslastung relativ flach zu halten.

Wie ist die Resonanz auf Ihren Abschied im Jakob?
Gross, und das freut uns sehr. An den Daten, die wir bisher zur Online-Reservation aufgeschaltet haben, sind wir bereits weitgehend ausgebucht. Wir starten jetzt einmal im kleinen Rahmen, also mit zwei Abenden pro Woche, bei genügend Nachfrage werden wir im Juli einen dritten dazunehmen.

Und wie geht es Ihnen beim Gedanken an das bevorstehende Ende in Rapperswil?
Vor zwei, drei Wochen, als wir den Entscheid gefällt hatten, war mir schwer ums Herz. Aktuell geht es mir gut, ich freue mich und bin gespannt, wo und mit wem wir die Fäden weiterknüpfen werden. Aber die Schwermut wird sicher wieder hochkommen, je näher das Ende rückt. Loslassen tut eben auch weh. Dennoch haben wir das Glück, das wir als Gastronomen mobil sind und unsere Geschichte anderswo weiterschreiben können. Vielleicht als die Firma, die wir aktuell zu fünft bilden, möglicherweise auch in anderer Formation. Inhaltlich werden meine Partnerin Flavia Hiestand und ich so weiterverfahren wie bisher. Wir sind unseren Grundwerten verpflichtet – aber ganz und gar offen in der Frage, wo und in welcher Form wir diese in Zukunft umsetzen möchten.

Küchenchef Markus Burkhard (37) schwang die Kelle im Hotel Grand Park in Gstaad, fungierte als Küchenchef im Bio-Vatter in Bern und landete im Hotel Victoria-Jungfrau in Interlaken, bevor Stationen in Zürich folgten. Dort kochte der Berner unter der Ägide von Jacky Donatz im Restaurant Sonnenberg und später während drei Jahren im Clouds. 2015 verschlug es Burkhard nach Rapperswil. Im dortigen Hotel und Restaurant Jakob ist er Teil einer fünfköpfigen Pächtercrew und führt den Betrieb gemeinsam mit Patrick Honauer, Nathalie und Albert Honauer Gemperle sowie seiner Partnerin Flavia Hiestand, der Gastgeberin im Restaurant Jakob. Mit seiner Philosophie einer streng regionalen Küche begeistert Burkhard, den Gault & Millau zur «Entdeckung des Jahres» 2018 kürte, Kritiker und Gäste gleichermassen.

Vom 30. Mai bis Ende August 2020 öffnet das Restaurant Jakob für ein letztes Gastspiel. Zur Auswahl stehen ein Fünf-Gang- (150 Franken) oder ein Sieben-Gang-Menü (180 Franken), die Öffnungszeiten sind Freitag- und Samstagabend ab 18 Uhr. Bei entsprechender Nachfrage kommt ab Juli der Donnerstagabend dazu. Weitere Informationen gibts hier.