«Man merkt dem Betrieb an, ob die Pächter mit Leib und Seele dabei sind oder nicht.»
Sie haben während Jahrzehnten erfolgreich mehrere Restaurants geführt. Nun könnten Sie in den Ruhestand gehen. Stattdessen haben Sie eine Beratungsfirma gegründet. Warum?
Max Gugelmann: Ich kann nicht einfach nichts machen. Es war immer mein Plan, dass ich mein Wissen, das ich mir in all den Jahren erarbeitet habe, weitergeben möchte. Ich bin überzeugt, dass insbesondere junge Gastronominnen und Gastronomen davon profitieren können. Aus Geldgründen mache ich das übrigens nicht. Mein Rat ist zwar nicht gratis, aber mein Honorar ist bescheiden. Ich weiss ja selbst, dass man als junger Gastronom oder junge Gastronomin am Anfang in der Regel finanziell nicht auf Rosen gebettet ist.
Wie können Sie konkret behilflich sein?
Zum Beispiel in betriebswirtschaftlichen Angelegenheiten. Heutzutage ist es sehr komplex, ein Restaurant zu führen. Man muss ein gutes Konzept haben, damit am Ende auch die Finanzen stimmen. Früher konnten wir den Einkaufspreis mal drei rechnen, dann hatten wir den Verkaufspreis. So einfach geht das nicht mehr. Ich biete an, das Konzept unter die Lupe zu nehmen und allenfalls Verbesserungsvorschläge zu machen. Auch wer sich überlegt, ein Restaurant zu übernehmen, kann sich bei mir melden. Wir besprechen dann, welche wichtigen ersten Schritte unternommen werden müssen.
Sie selbst haben zuletzt im Restaurant Alpenblick im Kanton Bern gewirtet. Was braucht es, damit ein Gastrobetrieb gut läuft?
Leidenschaft! Und das wortwörtlich. Leiden und schaffen. Man merkt dem Betrieb an, ob die Pächter mit Leib und Seele dabei sind oder nicht. Ich habe die beste Erfahrung gemacht, wenn ich am Morgen der Erste war und am Abend der Letzte. Die Gäste müssen spüren, dass man als Gastwirt gerne rund um die Uhr für sie da ist. Doch ich habe gemerkt, dass manche der Jungen etwas anders ticken.
Wie meinen Sie das?
Sie möchten nicht mehr 14 Stunden oder mehr und sieben Tage in der Woche nur für den Betrieb da sein. Sie möchten auch Freizeit haben, mal am Wochenende weggehen. Auch auf solche Bedürfnisse versuche ich einzugehen. Trotzdem bin ich davon überzeugt, dass es in der Gastrobranche 100 Prozent Einsatz braucht.
Was hat sich in den vergangenen 40 Jahren sonst noch geändert?
Wer heute Küchenchef oder Küchenchefin ist, sollte am besten auch psychologische Kurse absolviert haben. Als ich den Beruf gelernt habe, habe ich einfach das gemacht, was der Chef sagte. Heute muss man die Jungen mehr einbeziehen, sie besser verstehen. Das finde ich gut. Was sich zudem enorm geändert hat, sind die Ansprüche der Gäste. Die sind heutzutage sehr hoch. Fast jeder und jede hat feine Weine im Keller und kocht selbst gerne. Das war früher anders. Deshalb sind wir Gastroprofis noch mehr gefordert, den Gästen ein schönes Erlebnis zu bieten.
Überall hört und liest man, dass Arbeitskräfte im Gastgewerbe fehlen. Wie beurteilen Sie die Situation?
Die ist sehr prekär. In der Corona-Pandemie wurden viele Mitarbeitenden hängen gelassen. Deshalb haben sie sich umorientiert. Das ist sehr schade. Ich rate den Betrieben immer, dass das Personal Teil der Betriebsphilosophie sein muss. Es soll spüren, dass es wichtig ist. Das fängt bei der Entlöhnung an und hört bei der Mitsprache bei wichtigen Entscheiden auf.
An welche Philosophie haben Sie sich selbst als Gastronom gehalten?
Dass man Menschen einfach gernhaben muss. Jeder Mensch ist anders, jeder hat andere Bedürfnisse. Man muss jeden so nehmen, wie er ist und ihn das spüren lassen. Dann macht es Spass, Teil dieser lebendigen und fröhlichen Branche zu sein.