«Die Traube weist eine deutlich bessere Fäulnisresistenz auf als die dünnschalige Sorte Riesling-Silvaner, die sehr anfällig reagiert.»
«Ich bin gerade dabei, die Schosse zu schneiden», teilt Hansueli Sprenger vom Weingut zum Frohhof mit und freut sich über die Entwicklung seines neuen Zöglings in seinen Weingärten. Als erster Schweizer hat der Neftenbacher Winzer nämlich im Mai des vergangenen Jahres die erst seit 2014 anerkannte neue Rebsorte Roter Müller-Thurgau nach komplizierten EU- und Schweizer Bewilligungsverfahren importiert und auf seinem Weingut eingesetzt. Die rote Mutation der an sich weissen Traube wurde durch Zufall vom deutschen Winzer Christoph Süssle aus Merdingen in Baden an einem Trieb seiner Rebstöcke im Jahre 1979 entdeckt. Der deutsche Winzerkollege hat die farblich veränderten Trauben nicht entfernt, sondern vermehrt und getestet. Seit 2014 ist nun diese Mutation als neue offizielle europäische Sorte mit der Bezeichnung Roter Müller Thurgau zugelassen.
«Im Vorjahr war es endlich so weit, und ich konnte 900 Augen, also Knospen, einführen und veredeln», freut sich Sprenger über seine neue Herausforderung, die Sorte auf seinem Gut gedeihen zu sehen. «Obwohl meine Frau mir ein Sortenembargo erteilt hat», fügt er lachend hinzu. Für den Winzer, der den familiären Traditionsbetrieb in siebter Generation führt, auf zwei Hektar Land insgesamt 15 Traubensorten bewirtschaftet und eine kleine Herde an Galloway-Rindern züchtet, bedeutet der Schritt eine zusätzliche experimentelle Aufgabe. «Ich kann zwar von Tradition sprechen und blicke auf 30 Jahre Erfahrung im Weinbau zurück, aber ich kann nicht sagen, traditionell zu sein. Man muss in Bewegung bleiben und versuchen, die Grenzen zu sprengen», so Sprenger. Aus der Pflanzung des Roten Müller Thurgau am Frohhof sind 550 Jungreben angewachsen, und die ersten Trauben hängen bereits. Im kommenden Jahr rechnet der Winzer mit einem Traubenertrag des neuen Roten von 70 bis 80 Kilogramm. Einen eigenen Wein will er damit nicht herstellen, sondern die Sorte als Cuvéepartner seinem Nobile beifügen.
Neben der charakteristischen Rotfärbung, die dem Gewürztraminer oder Pinot gris ähnelt, bildet die Sorte eine dickere Schale als ihre weisse Vorgängerin. «Das ist ihr grosser Vorteil, denn die Traube weist dadurch eine deutlich bessere Fäulnisresistenz auf als die dünnschalige Sorte Riesling-Silvaner, die sehr anfällig reagiert», erklärt der Neftenbacher Winzer. Dies habe auch zur Folge, die Trauben länger an den Reben hängen und reifen lassen zu können, wodurch ein höherer Zuckergehalt zustande käme. Für Sprenger stellt dies eine Revolution für die weisse Hauptsorte dar, denn der Rote Müller-Thurgau könnte aufgrund dieser Komponenten den Riesling-Silvaner, wie der weisse Müller Thurgau in der Schweiz auch heisst, deutlich bereichern. Der Wein soll mit dem herkömmlichen Riesling-Silvaner mit Ausnahme des höheren Alkohol- und Säuregehalts vergleichbar sein.
Weitere Infos: www.frohhof.ch