«Ach, wir führen hier doch keinen Wettbewerb!»
Sagen Sie mal: Mögen Sie das Konzept des Four Hands Dinners eigentlich?
Julien Royer: Unbedingt! Daraus ergibt sich ein guter Austausch. Man erlebt Neues, trifft auf andere Geschmäcker und bricht mit der eigenen Routine. Ich finde, ich lerne dabei immer etwas.
Haben Sie ein konkretes Beispiel im Kopf?
Royer: Vor kurzem kochte ich gemeinsam mit einem mexikanischen Küchenchef. Ich war bis dahin ein regelrechter Novize, was die mexikanische Küche und Kultur betrifft, hatte kaum Ahnung von den Zutaten. Also war das für mich sehr spannend: Ich erfuhr so viel über Mais und Tacos, über die mexikanische Tradition, Ameisen zum Kochen zu verwenden, oder darüber, dass man Kakteen in der Küche weniger fürs Aroma, sondern vielmehr für die Textur einsetzt. Man lernt wirklich immer etwas! Essen und Gastronomie bringen Menschen zusammen – das gilt auch für uns Köche.
Emmanuel Renaut: Das ist wahr. Es geht immer auch darum, etwas zu teilen. Wir haben in unseren Positionen das Glück, viel herumzukommen und spannende Köchinnen und Köche zu treffen. Es ist schön, dabei die Perspektive des Gegenübers kennenzulernen. Ausserdem können wir im Rahmen von Four Hands Dinners auch unsere Kontakte pflegen. Ganz ehrlich: Wir arbeiten alle viel und haben wenig Zeit, uns nebenher noch zu verabreden. Events wie das St. Moritz Gourmet Festival – insbesondere an so einem tollen Ort und mit so einem tollen Format – sind eine willkommene Gelegenheit, einander zu sehen.
Sie beide haben allerdings noch nie zusammen gekocht.
Royer: Wir haben uns schon mal die Küche geteilt, am Event eines gemeinsamen Freundes. Tatsächlich ist das sogar erst zwei Wochen her.
Renaut: Aber da waren ganz viele verschiedene Köchinnen und Köche beteiligt und wir steuerten beide einfach einen Gang bei. Dass wir zwei zusammen ein Menü bestreiten, ist hier in St. Moritz eine Premiere. Ich freu mich drauf!
Nun sind Sie es beide ja gewohnt, in der Küche den Ton anzugeben. Ist das kein Problem?
Royer: Ach, wir führen hier doch keinen Wettbewerb! Wir wollen uns nicht messen, sondern teilen – und etwas Schönes für die Gäste kreieren, voneinander lernen und Spass haben.
Renaut: Wir tauschten uns im Vorfeld ganz entspannt über Zoom aus und besprachen, wer sich worum kümmert. Null Druck!
Am St. Moritz Gourmet Festival sind zehn Drei-Sterne-Köche versammelt – und Sie, Monsieur Renaut, sind offiziell als Special Guest gelistet. Wie fühlt sich das an?
Renaut: Ich glaube, wie für alle anderen auch. Es ist einfach ein grossartiger Event, eins der bekanntesten kulinarischen Festivals der Welt – und das seit 30 Jahren. Als ich vor zehn oder zwölf Jahren das erste Mal mit von der Partie war, war ich vom Konzept der Kitchen Party dermassen inspiriert, dass ich ein ähnliches Format seither auch bei mir im Flocons de Sel durchführe.