«Niemand bewegt etwas, wenn nicht das ganze Team mitzieht.»
Lassen Sie uns zuerst über Ihre kulinarischen Wurzeln reden: Mit den Gerichten, die Sie im Rahmen dieses Beitrags zeigen, erzählen Sie einiges darüber.
Monika Janicka: Tatsächlich machte ich mir nach der Anfrage für dieses Interview zum ersten Mal seit Langem Gedanken darüber, welche Rolle meine Herkunft eigentlich spielt. Und ich stellte fest: eine grössere, als ich gedacht hatte. Ich fühle mich zwar nicht mit dem Polen, wie es heute ist, verbunden, wuchs die ersten acht Jahre aber da auf – und bin kulinarisch davon geprägt. Das Essen ist tief in mir verwurzelt. So wie die Gurke, die meine Grosseltern mit Fenchel, Dill, Knoblauch, Senfsamen, Sellerieblättern und Rettich einmachen – und die einfach anders schmeckt. Die kleinen Sachen machen den Unterschied. Ein anderes Beispiel sind die Pfannekuchen, die mein Grossvater jeweils für uns Kinder zubereitete. Solche simplen Gerichte gefallen mir.
Was reizt Sie daran?
Dass das Produkt und das Handwerk im Zentrum stehen. Früher, als ich noch mehr Fleisch ass, mochte ich Schmorgerichte am liebsten. Man nimmt ein leckeres Fleisch, einen guten Rotwein, und dann dauert das Ganze einfach seine Zeit und ist ein toller handwerklicher Prozess. Die beiden Aspekte – Produkt und Handwerk – spielen auch in unseren Kursen in der Hiltl Akademie eine entscheidende Rolle.
Inwiefern?
Noch immer haben viele Menschen ein Problem damit, die Lebensmittel der vegetarischen und veganen Küche wertzuschätzen. Also müssen wir zeigen, dass ein Produkt, das jemand bislang vielleicht nicht so mochte, mit der richtigen Auswahl und der passenden Technik grossartig schmecken kann. Wir sehen in unseren Kursen, dass die breite Masse kochtechnisch noch viel lernen kann, dass am Herd grosse Unsicherheit herrscht. Gleichzeitig stellen wir fest, dass sich immer mehr Menschen trauen, zu uns zu kommen, dass sie einfach mal loslegen – und lernen.
Sie schulen aber explizit auch Gastronomieprofis. Was müssen die noch lernen?
Unsere wichtigste Botschaft an Berufskolleginnen und -kollegen lautet: Die vegane Küche ist nicht schwer. Aufgrund der Nachfrage aus der Branche fokussieren wir in unserem Basiskurs für Profis seit letztem Jahr nämlich nicht mehr auf die vegetarische, sondern gleich auf die vegane Küche. Wir vermitteln unsere Freude daran und teilen die Erfahrung, wie gut Essen ohne tierische Produkte schmeckt.
Für wen eignen sich die Kurse hauptsächlich?
Die meisten Teilnehmenden stammen aus der Gemeinschaftsgastronomie und aus einfachen Restaurants, was mir super gefällt. Wir stehen zum Beispiel Menschen gegenüber, die jeden Tag 1500 Essen schicken, also richtig viel beeinflussen können. Aber auch, wie vor Kurzem, Mitarbeiterinnen einer Metzgerei mit Cateringservice, die ihr Angebot erweitern möchten. Wir haben Teilnehmende, die für Kinder kochen und vor ganz eigenen Herausforderungen stehen, wir schulen Personal von Spitalküchen und aus der Eventgastronomie. Oder Bäckerinnen und Bäcker. Dabei ist uns als Team wichtig, dass wir uns in den Profikursen alle auf Augenhöhe begegnen und auch wir von den Fachkollegen und -kolleginnen lernen können. Das halte ich für eine unserer grössten Stärken.
Wie meinen Sie das?
Wir verstehen uns nicht als etwas Besseres, sondern wollen gemeinsam mit den Köchinnen und Köchen in unseren Schulungen etwas bewegen. Ich würde mir wünschen, dass jeder Betrieb mit dem ganzen Team zu uns kommen könnte, denn nur wenn alle an Bord sind, können wir Strukturen nachhaltig verändern und neue Ideen langfristig umsetzen. Aber ich weiss natürlich, dass das finanziell schwierig ist. Meiner Meinung nach wären hier Städte, Kantone und der Bund gefragt: Die Gastronomie ist ein wichtiger Part, wenn es um Nachhaltigkeit geht, und entsprechend sollte man sie fördern und unterstützen – sprich: Geld in die Hand nehmen.
Stichwort Nachhaltigkeit: Dass das Thema an Bedeutung gewinnt, komme Ihnen zugute, sagen Sie.
Tatsächlich verzeichnen wir bei unserem Angebot für Profis eine deutlich steigende Nachfrage. Vor der Covid-19-Pandemie führten wir pro Jahr etwa zwei öffentliche Basiskurse für Berufsleute sowie drei bis vier Schulungen für Mitarbeitende der SV Group durch. Im letzten Jahr nun fanden 14 Kurse statt, in denen insgesamt über 150 Küchenverantwortliche einen Einblick in die vegane Küche erhielten. Dabei stammten die meisten Teilnehmenden aus grossen Unternehmen, die sich eben Nachhaltigkeit auf die Fahne schreiben – und wissen, dass sie entsprechend aktiv werden müssen. Der Verzicht auf tierische Produkte ist das Rädchen, an dem man am einfachsten drehen kann, um eine klimarelevante Wirkung zu erzielen – insofern spielt uns dieser Trend in die Hände.
Und welchen Einfluss hat ein Kurs an der Hiltl Akademie effektiv auf den Berufsalltag der Teilnehmenden?
Das möchten wir künftig noch genauer eruieren. Aus den Feedbacks, die wir bislang erhielten, wissen wir, dass die Menschen, die den Kurs besuchen, in der Folge oft ein ganzes Team inspirieren, vom Lernenden bis zur Servicefachfrau. Wir sagen das in unseren Kursen jeweils klar: Ob Geschäftsführer oder Küchenchefin – niemand bewegt etwas, wenn nicht das ganze Team mitzieht.