«Eine Eichenart ist nicht per se besser als die andere.»
«Generell kommt es bei allen Weinbereitungstechniken und Ausbauarten darauf an, sie gezielt und gekonnt einzusetzen», erklärt Britta Wiegelmann. Sie ist Weinjournalistin und besitzt ein Verkostungsdiplom der Fakultät für Önologie in Bordeaux. Der Klassiker ist der Ausbau von alkoholischen Getränken im Eichenfass. Eiche ist wasserdicht und leicht zu bearbeiten. Und die daraus gefertigten Fässer sind nicht ganz luftdicht, was beim Ausbau gelegen kommt: Der immer wieder eindringende Sauerstoff lässt etwa Weine nach einer Reifezeit weicher wirken. Er mildert die adstringierenden Tannine, also jene Gerbstoffe, die das pelzige Gefühl im Mund hinterlassen.
Kräftig zu kräftig, sanft zu sanft
Bei der Herstellung von Holzfässern werden zwei Sorten von Eiche oft eingesetzt: die europäische Traubeneiche sowie die amerikanische Weisseiche. Der Hauptunterschied liegt in der Dichte des Holzes: Die Ringe der Traubeneiche haben einen engeren Verbund als die der amerikanischen Weisseiche. Somit geben die Fässer aus Traubeneiche weniger Holzgeschmack ab und lassen weniger Austausch von Sauerstoff zu. Folglich sollten amerikanische Eichenfässer für Flüssiges gebraucht werden, die von allein schon ein kräftiges, intensives Aroma aufweisen. Bei feinen Säften ist der intensive Holzeinfluss der amerikanischen Eiche zu heftig. Wiegelmann präzisiert: «Eine Eichenart ist nicht per se besser als die andere.» Französische Eiche zum Beispiel werde gern als Nonplusultra dargestellt, doch die traditionellen Riojas werden seit über 100 Jahren in amerikanischen Eichenfässern ausgebaut. «Heute gelten diese Weine als absolute Klassiker, einzigartig in Stil und Qualität. Das ist das Resultat von jahrelangem Experimentieren und Finetunen», weiss die Fachfrau.
Meist gelangt Rot ins Fass
Die Winzerin Nadine Saxer hat ihr Weingut in Neftenbach im Zürcher Weinland. Sie arbeitet nur bei ihren Rotweinen mit Barriquefässern: «Welche Sorten sich dabei eignen, ist Erfahrungssache. Grundsätzlich gehören eher kräftigere, gerbstoffreichere Weine ins Holz. Ganz leichte Weine darin auszubauen, ergibt weniger Sinn. Da besteht die Gefahr, dass der Wein vom Holz überdeckt wird», sagt sie. Für Schaum- und Weissweine wird oft der Ausbau im Stahltank gewählt. Das Material gibt weder Aroma noch Sauerstoff ab. Das prädestiniert den Stahltank für den Ausbau von kurz gelagerten und fruchtbetonten Weinen.
Das Toasting ist entscheidend
Aber nicht nur Wein braucht den richtigen Ort zum Reifen. Auch Biere im Barrel-aged-Stil erhalten einen Teil ihrer Aromen vom Holzfass, in dem sie zwischenzeitlich lagern. Die Intensität hängt davon ab, wie das Holz zuvor behandelt wurde. Bei der Herstellung der Fässer werden die Dauben, die Längshölzer eines Fasses, durch den Küfer angeröstet, also getoastet. Dieser Vorgang erfolgt in mehreren Abstufungen, welche die Ausprägung der Aromen entsprechend verändern. In einem Bier (oder auch Wein) aus einem leicht geflämmten Fass finden sich feine Noten von Vanille. Kommt das alkoholische Getränk hingegen aus einem stark mit Feuer behandelten Fass, erinnert es geschmacklich an Espresso oder dunkle Schokolade. «Wir verwenden immer die mittlere Toastung, nicht zu stark, nicht zu schwach», erzählt Saxer. Sie probiert ab und zu ein Fass aus einer anderen Küferei aus: «Da gibt es je nach Hersteller spannende Unterschiede.»
Zu getoasteten Fässern greift auch die Distillery von Rugenbräu mit Sitz in Interlaken. Master Distiller Kurt Althaus räumt mit einem Klischee auf: «Durch die Holzkohleschicht, die beim Ausbrennen entsteht, werden scharfe Stoffe aus dem Whisky entfernt. Das macht ihn weicher und nicht etwa rauchig, wie oft angenommen wird.» Wie stark bei Rugenbräu die Fässer getoastet werden, hängt von der Philosophie ab. Für einige ihrer Spezialitäten lässt die Firma Fässer von Küfer Roland Suppiger aus einheimischer Eiche produzieren. Dieser führt diverse Holzsorten mehr im Angebot: Eiche, Kastanie, Akazie und Lärche werden für Weinfässer verwendet. Das Holz von Kirsche, Esche, Apfel und Birne eignet sich für Destillate und Aceto balsamico. «Der Kassenschlager sind Grossfässer ab 1000 bis 20 000 Litern. Diese Spezialanfertigungen kann nicht jede Küferei herstellen», sagt Suppiger, der die Küferei in Küssnacht am Rigi in vierter Generation führt.