«Wir verstehen uns als nicht-kommerzielle Plattform, die Saatgut unter die Menschen bringen möchte.»
Ein alter Tresor erwacht zu neuem Leben: Neuerdings herrscht im Kellergeschoss des Basler Kaffee- und Kulturhauses Unternehmen Mitte, das in den Räumlichkeiten einer ehemaligen Bank beheimatet ist, jeden Dienstagabend reger Betrieb an den Schliessfächern. Das dort untergebrachte Kapital ist allerdings nicht monetärer Art: Im Safe lagert Saatgut, das zum Austausch bereit liegt. Mitte März, pünktlich zur Pflanzzeit, ist hier die Schweizer Samenbörse eingezogen. Dahinter steht das Kollektiv Nartifikultur, dem die Kunstschaffenden Florine Biber, Anna Schaffter und Julien Rondez angehören.
In der Samenbörse ist willkommen, wer überschüssiges Saatgut abgeben, neues holen oder sich für den eigen Garten und Balkon inspirieren lassen möchte. Wer sich bei der Samenbörse bedienen wolle, müsse nicht zwingend auch etwas beisteuern, sagt Mitinitiantin Florine Biber: «Man darf auch einfach kommen und etwas mitnehmen. Wir verstehen uns als nicht-kommerzielle Plattform, die Saatgut in all seiner Vielfalt unter die Menschen bringen möchte.» Die Idee sei aus einer gemeinsamen Leidenschaft des Hobbygärtnerns entstanden. «Wir haben alle immer wieder mal Samen übrig, die wir nicht brauchen, oder sind auf der Suche nach neuen», sagt Biber. «Inspiriert hat uns in diesem Zusammenhang ein Projekt in Lausanne: Dort gibt es eine öffentliche Kiste mit Samen zum Tauschen – im Prinzip eine Art Bücherkiste, nur eben für Saatgut.»
Zurzeit umfasst das Inventar der Schweizer Samenbörse rund 40 Sorten unterschiedlicher Kräuter-, Zier- und Nutzpflanzen. Die Resonanz auf das Angebot sei erfreulich, der Andrang gross, freut sich Biber. Abgegeben werden könnten im Tresor grundsätzlich alle Samen von Pflanzen, die heimische Sorten nicht verdrängten. «Dabei versuchen wir schon, den Fokus auf biologisches Saatgut richten», sagt Biber, «wir nehmen aber auch konventionell erzeugtes an.» Besucher für die Bedeutung der heimischen Artenvielfalt und deren drohenden Verlust zu sensibilisieren, ist dem Trio ebenso ein Anliegen. So gelang es den Initianten auch, Pro Specie Rara als Unterstützer ins Boot zu holen. «Wir sind sehr interessiert an Kooperationen mit weiteren Profis, die sich mit Artenvielfalt, Nahrungsmitteln oder deren Produktion beschäftigen, und würden uns freuen über Zuschriften», so Biber. Die Samenbörse hat jeweils am Dienstag zwischen 16 und 19 Uhr geöffnet. «Wir sind für persönlichen Austausch immer zugegen», sagt Biber, «sei es, um Besucher zu beraten oder von ihnen zu lernen. Denn darum geht es ja auch.»