Das Land der Familie, immerhin zwölf Hektaren, ist ein verwunschen schöner Fleck Erde.
Mathias Motzet steht knietief im Wasser. Vor ihm eine 50 Meter lange Wasserbahn, links und rechts eingefasst von einer alten Betonmauer. Alles ist grün; die Bäume, die Wiesen, sogar das Wasser, nur das Haar des 64-Jährigen ist über die Jahre weiss geworden. Seit 1977 betreibt Motzet mit seiner Frau Ingrid im bernischen Wynau die letzte Brunnenkressezucht Mitteleuropas. Sein Grossvater baute die Anlage 1905. Motzet schneidet die zirka 15 Zentimeter aus dem Wasser ragende, sattgrüne Brunnenkresse mit der Schere, gebückt und mit flinker Hand, genauso wie sein Vater und Grossvater vor ihm. Nächstes Jahr hört er auf. Und damit endet auch eine über hundert Jahre alte Familientradition. «Es ist für mich noch weit weg, aber einfach wird es nicht», sagt Motzet.
Das Land der Familie, immerhin zwölf Hektaren, ist ein verwunschen schöner Fleck Erde. Nur wenige Menschen verirren sich auf das private, mit zahlreichen Quellen gesegnete Gelände, eingeklemmt zwischen dem Wald und den Gleisen der Bahnlinie Olten–Bern. Dafür leben hier zahlreiche Wildtiere, zum Beispiel Biber, und es gedeihen allerhand Bäume, auch Exoten, etwa ein prächtiger 50 Jahre alter japanischer Flügelnuss-Baum. Ein Überbleibsel aus der Zeit, als Motzets Vater neben der Brunnenkresse-Produktion noch eine Gärtnerei mit Baumschule betrieb.
Das private Areal ist kein eigentliches Naturschutzgebiet, allerdings gelten zahlreiche Auflagen, insbesondere auf dem nicht wirtschaftlich genutzten Teil. Schützenswert ist das Gebiet auf jeden Fall. Dieser Meinung ist auch Peter Hänni. Der Elektroingenieur ist Präsident der vor drei Jahren gegründeten Stiftung Wasserland Oberaargau. «Unser Ziel ist es, dieses naturnahe Gebiet zu erhalten, aber auch die biozertifizierte Kresseproduktion in gleicher Weise weiterzuführen.» Um eine Zerstückelung des Areals zu verhindern, musste die Stiftung das Gelände kaufen. Die dafür nötigen Verhandlungen, Bewilligungen sowie die Finanzierung zogen sich über Jahre hin. «Auch für die Motzets war es ein emotional schwieriger Entscheid, gleichzeitig wünschten sie sich unbedingt eine gute Lösung. Das Vertrauen in die Stiftung war aber bald einmal aufgebaut», so Hänni.