«Eine Durchmischung wie in der Schweiz gibt es nicht, Viertel wie Chinatown oder Koreatown existieren parallel nebeneinander.»
«Im Gregans Castle im Westen Irlands sammelte ich als Koch erste Erfahrungen im Ausland. Das Haus gehört zu einem kleinen Fischerdorf mit zwei Pubs und knapp 200 Einwohnern, von denen ich nach ein paar Wochen so gut wie alle kannte. Trotz der abgeschiedenen Lage wurde es zwei Mal zum besten Hotelrestaurant des Landes gekürt. Jeden Morgen sind wir entweder an den Strand oder in den Wald gegen, um Seegräser beziehungsweise Kräuter zu sammeln. Am Ende blieb ich zwei Jahre, anstatt den geplanten neun Monaten.
Zurück in der Schweiz holte mich das Fernweh rasch wieder ein. Eine Kollegin empfahl mir das Fine-Dining-Restaurant im Upper Montclair Country Club in New Jersey, einem traditionellen Golfplatz mit 27 Loch. Für das auf ein Jahr befristete Visum musste ich mich allerdings gedulden und unzählige Formulare ausfüllen. Seit März arbeite ich hier nun als Chef de Partie Poissonier. Mein Wunschposten war das nicht, aber, weil das Restaurant stark auf Seafood setzt, kann ich auf diesem Posten am meisten profitieren. Es ist spannend mit Produkten wie Soft Shell Crabs, Shrimps, Seeigeln oder Schwertfisch zu arbeiten, die man in der Schweiz nicht so kennt.
Erstaunt hat mich, wie Multikulti das Team ist. Die Köche kommen aus Asien, Zentral- und Südamerika. Mein Küchenchef Ryan Foo etwa ist Halbinder, Halbchinese und in der Karibik aufgewachsen. Weil nicht alle Englisch sprechen, habe ich während meiner kurzen Zeit hier schon einiges auf Spanisch gelernt.
In meiner Freizeit fahre ich ins zwölf Meilen entfernte Manhattan, wo man sich durch die Welt essen kann. Eine Durchmischung wie in der Schweiz gibt es nicht, Viertel wie Chinatown oder Koreatown existieren parallel nebeneinander. Dadurch sind die Küchen und Märkte sehr authentisch. In New York ist alles etwas grösser, schneller und lauter als anderswo; der Gegensatz zu meiner Zeit in Irland könnte nicht grösser sein. Und das ist gut so. Schliesslich nimmt man am meisten mit, wenn man sich komplett auf einen Ort einlässt und einfach mit dem Flow geht.»