22.03.2019

Schützenhilfe aus der Küche

Text: Virginia Nolan – Fotos: z. V. g.
Die Allianz der Köche soll die Slow-Food-Philosophie unters Volk bringen. Seit 2018 gibt es eine Schweizer Sektion. Welche Ziele sie verfolgt, weiss Projektleiterin Estèle Geiger.
Der Allianz der Köche von Slow Food gehören weltweit über 1000 Berufsleute an. In der Schweiz gibt es seit 2018 eine Sektion mit 40 Mitgliedern. Diese setzen sich dafür ein, die Biodiversität von Lebensmitteln und das traditionelle kulinarische Handwerk ihrer Region zu fördern.
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«Kleinproduzenten sind die Hüter unserer Biodiversität

Seit Anfang 2018 ist die Allianz der Köche auch in der Schweiz vertreten.  Ihre Hauptziele sind der Schutz des kulinarischen Erbes und des handwerklichen Könnens. Warum sind Köche wichtig für diese Mission?
Estèle Geiger: Kulinarisches Erbe zu bewahren, bedeutet unter anderem, die biologische Vielfalt von Lebensmitteln zu schützen. Das funktioniert nur, wenn wir den Leuten die Bedeutung nachhaltiger Konsumentscheidungen bewusstmachen können. Da spielt die Gastronomie eine Schlüsselrolle. Der moderne Lebenswandel führt dazu, dass Menschen sich immer öfter auswärts verpflegen. Köchen und Gastronomen kommt damit eine wichtige Vermittlerrolle zu, wenn es darum geht, unser Anliegen nach fairen und sauberen Lebensmitteln an den Mann zu bringen. Mit ihrem Wissen und ihrer Kreativität bringen sie dem Gast das lokale Terroir näher und sensibilisieren ihn im besten Fall für die Arbeit regionaler Kleinproduzenten. Diese sind, wenn Sie so wollen, die Hüter unserer Biodiversität, und ihre Arbeit wäre nicht möglich ohne Köche, die sich dessen bewusst sind und entsprechend einkaufen. Dank Schützenhilfe der Gastronomie haben bereits einige Produkte, die vormals fast verschwunden oder zumindest gefährdet waren, ein erfolgreiches Revival hingelegt.

Zum Beispiel?
Etwa der Alpsbrinz, der älteste Käse der Schweiz. Während der grösste Teil der AOP-Sbrinz-Produktion aus Talbetrieben kommt, wird der Alpsbrinz ausschliesslich im Sommer auf der Alp hergestellt. Die 30-monatige Reifezeit verleiht ihm einen unvergleichbar vollen, aromatischen Geschmack. Oder Farina bóna, ein Mehl aus dem Onsernonetal, für das Maiskörner geröstet und anschliessend sehr fein gemahlen werden. Die Produktion war bereits eingestellt worden, heute haben Feinschmecker dieses traditionelle Lebensmittel neu entdeckt. Farina bóna wird für eine Vielzahl von Speisen verwendet, sei es im Glace oder in der Polenta, der es eine feine, rauchige Note verleiht.

«Es machen wenige Gastronomen von der Möglichkeit Gebrauch, Gästen ihre Produzenten vorzustellen – das ist schade», sagt Estèle Geiger, Projektleiterin Allianz der Köche.
«Es machen wenige Gastronomen von der Möglichkeit Gebrauch, Gästen ihre Produzenten vorzustellen – das ist schade», sagt Estèle Geiger, Projektleiterin Allianz der Köche.

Bisher sind der Allianz 40 Schweizer Köche beigetreten, 100 sollen es bis 2020 sein. Sind Sie auf gutem Weg, was die Resonanz in der Gastronomie betrifft?
Definitiv. Am Anfang mussten wir etwas Werbung betreiben, jetzt übersteigt die Anzahl Interessenten bereits die anvisierte Mitgliederzahl.

Welche Kriterien müssen interessierte Köche erfüllen?
Sie sollten an ihrem lokalen Terroir interessiert sein und vorrangig regionale Produkte verwenden. Darüber hinaus müssen sie mit mindestens drei Schweizer Presidi-Produkten arbeiten. Mit diesen schützt Slow Food vom Verschwinden bedrohte, hochwertige Lebensmittelproduktionen, einzigartige Regionen und Ökosysteme sowie schützenswerte, einheimische Nutztierrassen und Pflanzarten. Weltweit hat Slow Food über 500 Produkte in den Presidi-Katalog aufgenommen, in der Schweiz sind es 22. Zudem achten Köche der Allianz auf eine möglichst kurze Lieferkette, verwerten in ihren Gerichten alle Teile des Tiers und bemühen sich, möglichst wenig Lebensmittel zu verschwenden. Und, ganz wichtig, sie nennen auf der Speisekarte die Namen ihrer Produzenten, um diese und ihre Bemühungen sichtbar zu machen. Es machen recht wenige Gastronomen von der Möglichkeit Gebrauch, Gästen ihre Produzenten vorzustellen – das ist schade, denn bekanntlich interessiert sich der Gast sehr für die Geschichte hinter dem Produkt.

Mehr Informationen zur Allianz der Köche gibts hier.